Full text: Geschichte der Neuzeit (Teil 3)

106 
Zur Erweiterung: Das Zeitalter Ludwigs XIV. 
„Wenn Österreich," meinte Prinz Eugen, „am Rande des Abgrunds stünde 
und könnte mit 50 000 Gulden oder noch weniger gerettet werden, man 
brächte das Geld nicht zusammen." 
4. In noch höherem Grade war Frankreich erschöpft: es vermißte 
die Geldkräfte und die geistige Regsamkeit der Hugenotten. 
Schon dachte der Neichsfeldherr daran, mit seinen schwäbischen und 
fränkischen Kreistruppen in Frankreich einzufallen, da kam in dem Oranier- 
1697 schlösse bei dem Dorfe Rijswijk der Friede zustande. Lothringen, das 
die Franzosen widerrechtlich besetzt hatten, wurde seinem Herzog zurück- 
gegeben; aber Strasburg blieb französisch, so nachdrücklich auch der Kur- 
fürst von Brandenburg und der Markgraf von Baden darauf drangen, 
daß diese „Zitadelle von ganz Deutschland" wieder ans Reich falle. 
9. Der Spanische Erbfolgekrieg 1701—1714. 
1. Der Spanische Erbfolgekrieg war der größte Erbstreit, von dem 
die Geschichte weiß. Die von Wilhelm III. geleiteten „Seemächte" (Eng¬ 
land und Holland) wollten das spanische Reich mit seinen Nebenländern: 
den Niederlanden, Mailand, Neapel und Sizilien, ferner den Kolonien 
in Amerika und Indien, weder an Ludwig XIV. noch an den Kaiser 
kommen lassen, damit das „europäische Gleichgewicht" zwischen beiden Groß- 
mächten nicht gestört werde. Karl II. und das spanische Volk hätten am 
liebsten den nächstberechtigten Erben auf dem Thron gesehen: den sieben- 
jährigen Kurprinzen Joseph Ferdinand von Bayern, Leopolds Enkel aus 
seiner ersten Ehe mit Karls II. Schwester. Aber der Prinz starb vor dem 
König von Spanien. Nun bestimmte Leopold I. seinen zweiten Sohn, 
Ludwig XIV. seinen zweiten Enkel, Philipp von Anjou, zum König von 
Spanien; jeder der beiden Monarchen wollte eine jüngere Linie seines 
Hauses auf dem spanischen Throne sehen. 
2. Beide Gegner hatten sich von langer Hand auf den Krieg vor- 
bereitet; das Testament Karls II. fand dabei so wenig Beachtung wie der 
Verzicht auf die spanische Erbfolge, den Ludwigs Gemahlin bei ihrer 
Vermählung ausgesprochen hatte. Ludwig XIV. schloß ein Bündnis mit 
dem Kurfürsten von Bayern, dem Vater des verstorbenen Thronerben, 
und dessen Bruder, dem Kurfürsten von Köln. Damit nicht auch der 
Kurfürst von Brandenburg auf die französische Seite trete, gewährte der 
Kaiser nach langem Bedenken Friedrich III. die Anerkennung der Königs- 
würde, die er sich beilegen wollte. Acht Jahre zuvor hatte er die Schaffung 
einer neunten Kurwürde für das Haus Braunschweig-Lüneburg (Kur- 
Hannover) genehmigt und sich dadurch in dem neuen „Reichs-Erzpanner- 
Herrn", der nach Königin Annas Tod König von England werden sollte, 
einen weitern Bundesgenossen gesichert. Ludwig XIV. aber sprach nach
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.