Full text: [Teil 4 = 5. - 6. Schulj] (Teil 4 = 5. - 6. Schulj)

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Straße hinab. In der Eile hatte er jedoch das Seil mit beiden Enden 
festgeschlungen und blieb nun, da er nur die Hälfte der Seillänge aus¬ 
nutzen konnte, bei dem dritten Stockwerke in freier Luft hängen. So¬ 
fort wurde er von den auf der Straße stehenden Menschenmassen und 
Feuerwehrleuten bemerkt. Die Hilferufe der Menge übertönte das 
Pfeifensignal: „Menschenleben in Gefahr!" und in wenigen Sekunden 
war, gerade unter dem in der Luft Schwebenden, das Sprungtuch 
ausgespannt. Es war aber auch die höchste Zeit; denn des Brand¬ 
meisters Kleidung hatte Feuer gefangen und begann zu brennen, und 
seine Kräfte waren zu Ende. Sobald daher von unten der Zuruf 
ertönte, er solle herabspringen, ließ er los und fiel auf das Tuch. 
Er war in Sicherheit. Zwar brach er sich dabei einen Arm, hatte 
in den brennenden Bodenräumen und in der schwindelnden Höhe Todes¬ 
angst ausgestanden und trug Brandwunden im Gesicht davon, aber 
sein Leben war gerettet. 
3. Wo aber war der Feuerwehrmann Beyer? Er war nicht zum 
Dach zurückgekehrt, hatte seinen Kameraden jedoch auch kein Notzeichen 
gegeben. Die auf dem Dache stehenden Feuerwehrleute glaubten ihn 
jetzt auch in Lebensgefahr und bemühten sich, ihn an der Rettungs¬ 
leine aus dem immer stärker in Brand geratenden Boden zurück¬ 
zuziehen. Aber vergeblich. Als endlich ein Feuerwehrmann, aus¬ 
gerüstet mit Rauchhelm und Schlauchleitung, vordrang, fand er den 
Braven, aber bereits tot. Auch Beyer war, wie sein Brandmeister, 
hinab in den zweiten Bodenraum gestürzt, war aber durch Verletzungen 
und die Wirkungen des Rauches bewußtlos geworden. Da sich die 
Rettungsleine bei feinem Absturze verwickelt hatte, konnte er nicht 
zurückgezogen werden. Um seinen Vorgesetzten zu retten, hatte der 
Tapfere sein Leben gewagt und leider dabei verloren. Ehre seinem 
Andenken! 
Arno Fuchs. 
49. Zwischen Himmel und Erde. 
1. Zwischen Himmel und Erde ist des Schieferdeckers Reich. Tief 
unten das lärmende Gewühl der Wanderer der Erde, hoch oben die 
Wanderer des Himmels, die stillen Wolken in ihrem großen Gang. 
Monde, Jahre, Jahrzehnte lang hat es keine Bewohner als der 
krächzenden Dohlen unruhig flatternd Volk. 
2. Aber eines Tages öffnet sich in der Mitte der Turmdachhöhe 
die enge Ausfahrtür; unsichtbare Hände schieben zwei Rüststangen 
heraus. Dem Zuschauer von unten gemahnt’s, sie wollen eine Brücke 
von Strohhalmen in den Himmel bauen. Die Dohlen haben sich 
Kappcy u. Koch, Deutsches Lesebuch für Mittelschulen. IV. 4
	        
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