Full text: Viertes, fünftes und sechstes Schuljahr (Teil 2)

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einem wenig gangbaren Waldwege so weit vorgedrungen, daß sie die 
Eisenbahnlinie von Eundershosen bis Niederbronn und auch ein gut Stück 
des Hanauergebietes überblicken konnten. 
2. Hatten sie ihren Josuas- und Kalebsdienst schon getan oder wollten 
sie denselben nachgehends erst erfüllen, darüber schweigt aus guten Grün¬ 
den unsre Geschichte. Was sich aber auf dem einsamen, von nahen Wal¬ 
dungen umgebenen, zwischen Eberbach, Gundershofen und Reichshofen ge¬ 
legenen Schirlenhof zugetragen, und welch Schicksal die verwegenen Reiter 
dort ereilt hat, das soll der Nachwelt mitgeteilt werden. 
3. Sie waren in dem Gehöfte eingekehrt, hatten ihre Pferde in Stall 
und Schuppen untergebracht, wollten auch von dem harten Ritt ein Weil¬ 
chen rasten, und schon dampften die Eierkuchen lustig in der Pfanne und 
sollten auf französischer Erde desto besser schmecken! Da entsteht plötzlich 
Lärm! Das ganze Jägerregiment ist im Anzug, der Hof ist umzingelt! 
Was jetzt? — Messer und Gabeln fallen aus den Händen, die Schwerter 
fahren aus der Scheide, die Deutschen stürzen heraus, verbarrikadieren 
sich hinter ihre Pferde, — es fällt ein erster Schutz und streckt einen fran¬ 
zösischen Unteroffizier zu Boden! Es fallen wieder Schüsse, — Leutnant 
Winsloö ist tödlich getroffen, andre sind verwundet. Einige Sekunden 
verzweifelte Gegenwehr; die Übermacht hat gesiegt; zwei Offiziere, zwei 
Dragoner sind gefangen; Winsloö ist im Verbluten; Graf Zeppelin aber 
und die zwei Dragoner sind entkommen. Das Regiment macht kehrt, 
rückt am Abend unter allgemeinem Jubel wieder in Niederbronn ein; 
in Paris wird eine „Schlacht von Schirlenhof" mit Illumination gefeiert, 
und auch in Fröschweiler war, als unsre Jäger wiederkamen, die Freude 
grotz und die Begeisterung allgemein. 
4. Graf Zeppelin soll, wie die Grotzenwalder Überlieferung meldet, 
auf dem Rappen des getöteten französischen Unteroffiziers entronnen und 
eine Weile nach der Schlacht in den Schirlenhof zurückgekehrt fein und die 
Zeche bezahlt haben. Ob dem also ist, mutz er selbst am besten wissen. 
Jedenfalls ist er ein kühner Reitersmann; denn sein Rückzug nach der 
Pfalz hinab bekundet nicht allein eine sehr genaue Kenntnis unsrer Ört¬ 
lichkeiten, sondern auch eine Todesverachtung, die einem Bewunderung 
abnötigt. Er ist vom Schauplatz des Kampfes in nordöstlicher Richtung 
durch den Grotzenwald durchmarschiert, mutzte unweit Fröschweiler quer 
über die damals schon sehr belebte Reichshofener Heertzeatze und zog dann, 
immer in Begleitung des sagenhaft gewordenen Rappen am Waldessaum 
hinüber nach dem Gebirge. Und als an jenem Abend der Wendling¬ 
peter am Bergesabhang zwischen Nähweiler und Linienhausen, dicht am 
Wald, die Kühe weidete, kam da auf einmal ein seltsamer Mann, der 
kein Franzose sein konnte, führte ein müdes Schlachtrotz am Zaume und 
fragte, ob er nicht etwas Milch bekommen könnte. — Da schaute ihn
	        
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