25. Versuchung.
Robert Reinick.
1. Gar emsig bei den Büchern
Ein Knabe sitzt im Kämmerlein;
Da lacht herein durchs Fenster
Der lust'ge, blanke Sonnenschein
Und spricht: „Lieb Kind, du sitzest hier?
Komm doch heraus und spiel bei mir!"
Den Knaben stört es nicht;
Zum Sonnenschein er spricht:
„Erst laß mich fertig sein!"
2. Der Knabe schreibet weiter;
Da kommt ein lustig Böge lein,
Das picket an die Scheiben
Und schaut so schlau zu ihm herein.
Es ruft: „Komm' mit! Der Wald ist grün,
Der Himmel blau, die Blumen blüh'n."
Den Knaben stört es nicht;
Zum Vogel kurz er spricht:
„Erst laß mich fertig sein!"
3. Der Knabe schreibt und schreibet;
Da guckt der Apfelbaum herein
Und rauscht mit seinen Blattern
Und spricht: „Wer wird so fleißig sein?
Schau' meine Äpfel! Diese Nacht
Hab' ich für dich sie reif gemacht."
Den Knaben stört es nicht;
Zum Apfelbaum er spricht:
„Erst laß mich fertig sein!"
4. Da endlich ist er fertig.
Schnell packt er seine Bücher ein
Und läuft hinaus zum Garten.
Juchhe! Wie lacht der Sonnenschein!