202
auf langen Stielen hatten, eine ganze Menge. Viele Blumen standen
immer dicht nebeneinander wie fertige kleine Sträuße. Ich steckte mir
einen an, Vater wollte keinen. Der Stengel war aber zäh, man mußte
ihn mit dem Messer abschneiden.
„Sie riechen so schön!" rief ich erfreut. Ich pflückte eine Menge
blühender Weißdornzweige. Als ich sie eine halbe Stunde getragen
hatte, ließen sie schon die Köpfe hängen. Zu Hause, im Wasser, er¬
holten sie sich wieder, aber der schöne Geruch war verschwunden. —
„O Mutter, wärest du mit gewesen heut morgen und hättest die
hübsche Hecke gesehen, und wie da die weißen Blüten zwischen dem
saftigen Grün und Rot der Blätter standen, und wie sie im Sonnen¬
schein dufteten, und wie die Bienen um sie herumflogen — es hätte
dir auch gefallen!" rief ich, als wir heimkamen.
Mutter seufzte.
„Ja, wenn ich nicht immer für euch flicken müßte, dann könnte
ich auch mal mitgehen." —
Gestern ist nun Mwtter auch mitgegangen. Es war solch ein schöner
Oktobertag. Wir kamen wieder zu der Hecke. „Siehst du, da ist die
Hecke!" sagte ich. Sie sah aber doch ganz anders aus. Zwar hatte
sie noch viele, viele Blätter, aber sie waren braun und blank und hart
wie Leder. „Ich sehe keine Blumen mehr!" rief ich traurig. „Aber
ich sehe Mehlbeeren, rote Mehlbeeren in Hülle und Fülle!" sagte Mutter.
Und wir aßen davon und nahmen noch viele mit nach Hause für unsere
größte Vlumenvase. Sie gaben einen schönen Herbststrauß, die braunen
Blätter mit den roten Beeren.
206. Hans und die Spatzen.
Rudolf Ldwenstein.
1. „Ach, Vater, sprich, wie fang' ich's an,
Daß ich die Spatzen fangen kann?
Die Spatzen!"
2. Der Vater spricht: „So streu', mein Hans,
Hübsch Salz den Spatzen auf den Schwanz!
Den Spatzen!"
3. Drauf nimmt er eine Hand voll Salz
Und lauert mit gestrecktem Hals
Auf Spatzen.