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223. Der Rhein. 
223. Der Rhein. 
D und Reisende haben den Rhein von jeher gepriesen. Das Alpenland 
sendet ihm die klaren, immer vollen Fluten; die Berge zieren ihn mit 
prächtigen Felsgruppen; die Rebe breitet sich an seinen Ufern aus und hat selbst 
die gefährlichsten Stellen erklettert, um ihn mit schönen Weingeländen zu schmücken 
und an der milden Sonne köstliche Trauben zu reifen. Hohe, prachtvolle Wal— 
nußbãume beschatten die kleinen Ebenen am Strome; alle Arten von Obstbäumen 
schütten im Sommer und Herbste ihren reichen Segen in großer Fülle aus und 
bezaubern im Frühjahre durch unvergleichliche Blütenpracht. Auch der Mensch 
hat fast zwei Jahrtausende daran gearbeitet, die Ufer mit Städten und Felsen— 
schlössern, mächtigen Festen und herrlichen Kirchen, mit Klöstern und Landhäusern 
zu zieren. Mit Recht kann der Rhein stolz seine Wellen rauschen und wogen 
lassen. An seinen Ufern hat Jung Siegfried die Drachen und Lindwürmer er— 
schlagen, hat Roland gekämpft und der große Karl Gericht gehalten. Hier saßen 
die Pfalzgrafen vom Rhein, und die stolze Ritterschaft hielt glänzende Turniere. 
Burg um Burg begleiten auf den Höhen zu beiden Seiten seinen Lauf. Einige 
schauen noch trotzig hinab ins Tal; sie haben Jahrhunderte hindurch vor keinem 
Sturme gezagt; andere mit ihren Zinnen, die einst kühn emporstrebten, sind zu 
Grabe getragen; nur alterndes Gemäuer ist stehen geblieben, und der blaue 
Himmel schaut durch die offenen Fenster. 
Auf dem Flusse aber ist ein neues Leben erblüht. Hoch in die Lüfte 
wälzen sich aus dem Tale herauf Dampfwolken; stolz fahren die Dampfschiffe 
zu Berg und zu Tal; von dem Ufer stößt Nachen um Nachen ab mit Reisenden 
bei jedem Dorfe, bei jeder Stadt; sie steuern den Dampfschiffen zu, und die 
Reisenden ersteigen die schnaubenden Rosse, die sich sogleich wieder in Bewegung 
setzen. Mit Jubel und Gruß gleitet ein Schiff an dem anderen vorbei. Keuchend 
wälzen sich die Schleppschiffe fort; große, schwerbeladene Kähne folgen ihnen. 
Bald werden sie überholt von den rascheren Reiseschiffen. Auf kleinen Gondeln 
fahren Frauen und Mädchen zu Markte; sie wissen das Ruder ebenso geschickt 
zu führen, wie den breiten Korb mit Gemüse und Milch auf dem Kopfe zu 
tragen. Auf mächtigen Flößen fahren kräftige Männer den Strom hinab, als 
wollten sie die einfachste Weise der Schiffahrt wieder herstellen. Eine ganze 
Reihe von Bretterzellen haben sie auf dem Flosse aufgeschlagen, das sie Tag 
und Nacht nicht verlassen. Vom Aufgange der Sonne bis zu ihrem Untergange 
ist es lebendig auf dem Strome. Wenn der Tag graut und der Morgennebel 
sich vom Flusse erhebt, ertönt schon die Schiffsglocke in die Talschluchten hinein, 
eilig kommen die Säumigen gelaufen, um die Abfahrt nicht zu verfehlen; und
	        
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