Object: Deutsche Lebensbilder und Sagen für den Geschichtsunterricht auf der Mittelstufe höherer Mädchenschulen

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verurteilte ihn wiederum zum Tode; diesmal ließ ihn der Kurfürst zum 
warnenden Beispiel hinrichten. 
Nicht ganz so schlimm erging es dem Führer des Bürgerstandes, dem 
Schöppenmeister Rhode. Der Kurfürst schickte Truppen in die Nähe Königs- 
Bergs; da griffen auch die Bürger zu den Waffen und brachten die Kanonen 
auf die Wälle; offenbar hofften auch sie, Hilfe von den Polen zu erhalten. 
Aber Friedrich Wilhelm besetzte die Straßen, um jede Verbindung zwischen 
Königsberg und Warschau zu unterbrechen. Als der Kurfürst sich entschloß, 
selbst an die Spitze seiner Truppen zu treten, war man besorgt um ihn. 
Aber im richtigen Augenblick schritt er zu einer List und bemächtigte sich 
der Person Rhodes. Der Schöppenmeister wurde auf die kleine Festung 
Peitz gebracht. Später wollte ihn der Kurfürst begnadigen, wenn er sein 
Unrecht eingestehe. Jener blieb aber trotzig und erklärte, er wolle seine 
Freiheit nicht der Gnade, sondern der Gerechtigkeit zu verdanken haben. 
So blieb er bis zu seinem Tode Gefangener. 
4. Dies alles hätte der Kurfürst nicht ausführen können, wenn er 
nicht gleich im Anfang seiner Regierung ein kleines Heer gebildet hätte, 
das er beständig vergrößerte und übte. Seine Tüchtigkeit bewies es zuerst 
in der Schlacht von Warschau (1656) gegen die Polen. Noch wichtiger 
wurde es in einem Kampfe gegen die Franzosen und Schweden. 
In Frankreich regierte der ehrgeizige König Ludwig XIV., der alle 
Länder auf dem linken Rheinufer für sich beanspruchte. Zunächst griff er 
Holland an; wäre dies unterlegen, so würde sicherlich der Kurfürst seine 
rheinischen Besitzungen eingebüßt haben. Deshalb kam er (allerdings der 
einzige Fürst in Europa, der dem mächtigen Ludwig zu trotzen wagte) den 
Niederländern zu Hilfe. Dies erregte den Grimm des Feindes so sehr, daß 
er die Schweden aufstachelte, Brandenburg im Rücken anzugreifen. Diesen 
Überfall wußte aber Friedrich Wilhelm gründlich zu bestrafen. Er schlug 
mit einem kleinen Häuflein seines immer tüchtiger gewordenen Heeres die 
doppelt so starken Schweden bei Fehrbellin (18. Juni 1675) gänzlich aufs 
Haupt so daß die Feinde in eiliger Flucht sein Land räumen mußten. 
In dieser Schlacht wurde der Kursürst auf wunderbare Weise gerettet. 
Er ritt auf einem Schimmel und wurde von den Feinden erkannt. Viele 
Geschosse richteten sich auf ihn. Da schützte ihn sein Stallmeister Emanuel 
Froben, der gar nicht verpflichtet war. ihm auf das Schlachtfeld zu folgen, 
mit seinem eigenen Leibe. Die Kugel, die für den Kurfürsten bestimmt 
war und ihn unfehlbar getroffen hätte, streckte den Getreuen nieder. 
Die Schweden konnten nicht einmal Pommern behaupten; der Kurfürst
	        
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