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„Dir und mir ist niemand Huld — das ist unser beider Schuld" war so
ein Leibliedlein von ihr, des sich Luther später manchmal erinnert und
getröstet hat. Auch sie fackelte nicht und schlug einmal ihren Martin
wegen einer Nutz bis aufs Blut. — Und doch hat's Luther den Eltern
nie vergessen, wie hart sie sich ihrer Kinder willen geplagt, und wie seine
Mutter das Holz auf dem Rücken zusammengeschleppt: „sie haben's doch
herzlich gut mit mir gemeint." Und später hat er bis zu ihrem Tode
gezeigt, in welch hohen Ehren er seine lieben Eltern hielt.
3. Als Luther in Mansfeld gelernt hatte, was da zu lernen war,
zog er mit seiner Weisheit nach Magdeburg, wo ihn sein Vater hintat.
Schon auf der Reise galt's, sich das Brot ersingen vor den Häusern.
Sein Freund und Genosse hietz Hans Reinicke, eines Bergvogts Sohn,
mit dem er zeitlebens in Freundschaft blieb; der zog mit ihm zu den
Rullbrüdern, die eine Schulanstalt hatten. Ob, was er dort gelernt, auch
gleich Rull war, wird nicht gemeldet, uns scheint es so; denn er trieb
nur kurze Zeit sein Wesen dort.
Eins aber blieb dem jungen Martin unvergetzlich in Magdeburg.
Er sah dort einen Fürsten von Anhalt, der in der Barfützerkappe, unter
einen schweren Sack gekrümmt, auf der Stratze um Brot bettelte und durch
Fasten, Wachen und Kasteien bis auf Bein und Haut abgemagert war.
4. Rach einem Jahr schickten ihn die Eltern nach Eisenach, weil
sie dort Verwandte hatten, von denen sie hofften, sie würden dem
Knaben beistehen. Aber ob diese nicht konnten oder nicht wollten —
Luther mutzte dort erst recht Parteken (Brocken) sammeln. „Zch bin
auch ein solcher Partekenhengst gewesen und habe sonderlich in Eisenach
drum laufen müssen." An manchen Türen gab's wenig und an
vielen auch gar nichts. Aber Gott, der die Sperlinge unter dem
Himmel ihr Brot finden lätzt, hatte auch für seinen Martin Luther
ein Stück Brot schon im Kasten liegen. Als der Knabe so einige Zeit
herumgesungen hatte, nahm ihn eine Matrone, d. h. eine vornehme Frau,
in ihr Haus und an ihren Tisch auf, weil sie zu ihm um seines hellen
Singens und andächtigen Gebetes willen eine sehnliche Zuneigung gefatzt
hatte. Es war die Frau Cotta, deren Mann aus einem adligen Geschlechte
italienischen Ursprungs stammte. Die Cottas waren Kaufleute und ihrer
mehrere später Bürgermeister. Es war eine Hand Gottes, die ihn da
hineinführte, wo der Knabe in jener oft so rohen Schülerzeit und in den
Zähren, wo die Buben just keine angenehme Manier haben, milde Zucht
und feine Sitte lernen konnte. Das war für später gesorgt, wo er so
oft und viel mit den Grotzen dieser Welt zusammenkommen sollte.
5. Zn Eisenach war auch die Schule besser und hatte doch einen
richtigen Stil, d. h. es satz nicht alles auf einem Haufen beieinander,
alt und jung, sondern sie hatten drei ordentliche Klassen. Zn andern Schulen