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wie bei allen andern Übungen nackt und hatten sich die Hand und
den Arm noch mit harten Riemen kreuzweis umwunden. Manche er¬
hielten dabei gefährliche Verletzungen, einige warfen Ströme von Blut
aus, viele mußten vom Schauplatz weggetragen werden. Man erzählt
von einem Athleten, dem die Zähne eingeschlagen wurden; er verbiß
den Schmerz, schluckte die Zähne hinunter, und sein Gegner, der nun
sah, daß sein Angriff nicht gewirkt hatte, hielt sich für verloren und
erklärte sich für besiegt. Außer diesen Kämpfen fand auch noch das
Springen nach der Musik von Flöten und das Werfen mit einer metal¬
lenen Scheibe, Diskus genannt, statt.
5. Der letzte Tag des Festes war zur Krönung der Sieger be¬
stimmt. Diese geschah unter dem Jauchzen des ganzen anwesenden
Volkes im heiligen Haine nach vorhergegangenen prachtvollen Opfern.
Die Sieger zogen prächtig gekleidet einher, mit Palmenzweigen in der
Hand; Flöten begleiteten den Zug. Einige Kämpfer saßen auf schönen
Pferden oder Wagen, die das Volk mit Blumen bekränzte; der Name
des besten Läufers im Stadium wurde zuerst ausgerufen, und alles er¬
scholl von lautem Jubel; der Preis war ein Kranz von Ölzweigen,
welchen die Richter den Siegern auf das Haupt setzten; aber dieser
Kranz war der höchste Ruhm in Griechenland, und die Mitbürger eines
zu Olympia Gekrönten sahen ihre Vaterstadt in ihm verherrlicht.
Sie holten ihn im Triumphe ein, sangen ihm Loblieder und stellten
seine Bildsäule in Marmor zu Olympia auf, wo in folgenden Zeiten
ihrer viele Hunderte zu sehen waren. Des Siegers Name und Ruhm
ertönte durch ganz Griechenland. Ein alter Grieche starb vor Freuden
in der Umarmung seines siegenden Sohnes, und bei seinem Begräbnis
folgte die ganze Versammlung der Griechen zu Olympia nach. —
Diagoras aus Rhodus, ein edler Grieche, der selbst einmal als Sieger
gekrönt worden war, brachte in seinem Alter zwei seiner Söhne nach
Olympia, welche die Kampfbahn betraten und sich den Siegerkranz er¬
warben. Mit edlem Sinn setzten sie die Kränze ihrem Vater auf das
Haupt, hoben den gerührten, glücklichen Greis auf ihre Schultern und
trugen ihn im Triumphe mitten unter den Zuschauern umher. Alles
wünschte ihm Glück, man bewarf ihn mit Blumen und ein Lazedämonier
trat glückwünschend zu ihm, indem er sagte: „Stirb, Diagoras! denn
in den Himmel wirst du doch nicht steigen wollen!“ womit er die
Unmöglichkeit ausdrücken wollte, daß ihm noch ein höheres irdisches
Glück zuteil werden könnte. Wirklich konnte der Greis so viel Glück
nicht tragen, und vor den Augen der Versammlung sank er entseelt hin.
6. Regelmäßig alle vier Jahre, und zwar im Juli, wurden die
olympischen Spiele gefeiert. Sie dauerten fünf Tage. Wen die
Kampfübungen nicht herbeilockten, den reizte der Zusammenfluß von