204 Kap. 58. § 219. Die Regierung der Königin Elisabet. 
Bacon unb dem Staatssekretär William Cecil, Baron Burleigh 
(§216) trefflich unterstützt wurde, hatte England lange einen für das Auf¬ 
blühen des Landes günstigen Frieden genossen. 
Eine nicht minder große Sorgfalt wie der Politik widmete Elisabet 
der Pflege der Kunst und Wissenschaft und ihrem Vorgänge folgend 
nahm alles in ihrem Reiche eine bestimmte Richtung nach höherer Bildung. 
Noch leuchtet ein berühmter Britte ans jener Zeit, der große Dichter 
Shakespeare (1564—1616), mit seinem Geiste in die unsere herein und 
wird auch noch in ferne Zeiten hinaus alle edleren Geister mit einer Fülle 
von Gefühlen und Gedanken befruchten (§ 230). 
War auch Elisabet von weiblichen Schwächen, besonders von einer gewissen Eitel¬ 
keit auf die äußere Erscheinung ihrer Person nicht frei, so zeichnete sich doch ihr Hof 
infolge ihrer Haltung durch Sittlichkeit, Mäßigkeit und höhere Bildung 
aus. — Sie berücksichtigte stets gern die Parlamente, wollte aber im übrigen selbst¬ 
ständig herrschen, weshalb sie sich auch nie zu einer Vermählung entschließen konnte. 
Dagegen besaß der ritterliche und seingebildete, aber launenhafte und anmaßende Graf 
Essex lange ihre ausschließliche Gunst. Weil zuletzt Essex als Statthalter von Ir¬ 
land, das er der englischen Krone völlig unterwerfen sollte, mit dem aufständischen 
Führer der katholischen Bevölkerung, dem Grafen Throne (eigentlich Hugh ONeil von 
Thr-Oen) einen schimpflichen Vertrag einging, so fiel er in Ungnade, wurde zur Unter¬ 
suchung gezogen und vom Gericht schuldig befunden. Essex nahm zu demütigen Bitten 
seine Zuflucht; Elisabet wollte ihn aber nur stufenweise wieder zu Gnaden annehmen. 
Darüber ungeduldig, erlaubte er sich Spott über die alternde Königin und ging in 
seiner leidenschaftlichen Unbesonnenheit so weit, daß er mit dem König Jakob VI von 
Schottland Verbindungen anknüpfte, die Unzufriedenen im Lande um sich sammelte 
und mit 800 seines Anhangs nach London zog, um die Regierung der Königin zu 
stürzen. Allein das Volk blieb treu, sein Anhang verließ ihn und er mußte sich er¬ 
geben. Ein niedergesetztes Gericht verurteilte ihn zum Tode, den Elisabet nach einem 
innern Kampfe bestätigte, und so fiel das Haupt ihres ehemaligen Lieblings unter dem 
Beile (1601). Darüber und weil auch ihr anderer vertrauter Ratgeber, Robert Cecil, 
Graf von Salisbury (Sohn des Lords William Cecil Burleigh) gleichfalls, mit den 
Schotten in Verbindung trat, verfiel sie in eine dumpfe Schwermut, während welcher 
sie Tag und Nacht schweigend auf dem Boden ihres Zimmers saß und jede Labung 
und Arznei verschmähte. Wieder zu sich gekommen, erklärte sie vor den Mitgliedern 
ihres geheimen Rats den Sohn Maria Stuarts, den schottischen König Jakob VI, 
zum Erben ihrer Krone. Dann sammelte sie sich mit großer Standhaftigkeit zu from¬ 
men Gesprächen und gab unter dem Gebet des Erzbischofs ihren Geist auf. Sie starb 
am 3. April 1603 im 70. Jahre ihres Alters, im 45. ihrer Regierung. Ihr Nach¬ 
folger in England, Jakob I genannt, war es, der sich zuerst unter den englischen Königen 
den Titel König von Großbritannien und Irland beilegte. 
Kap. 59. Spanien und die Entstehung der Republik der vereinigten 
Niederlande. 
Histor. Atlas, Taf. XIII. Gesch. d. Welt XX. 3, 1-8. 
(220.) Die Niederlande, einst ein Teil Deutschlands, waren durch 
Kaiser Karl V völlig zu einem „habsburgischen Kronlande" gemacht 
worden, indem er denselben außer Westfriesland, Gröningen, Geldern und 
Zütphen, auch noch das uraltdeutsche Utrecht einverleibt hatte, so daß jenes 
Land mit seinen herrlichen Häfen gänzlich dem Reiche entfremdet wurde. 
Als er die Niederlande mit ihren siebzehn blühenden Provinzen voll reicher 
Handelsstädte 1555 seinem Sohne Philipp II von Spanien übergab 
(§ 206), hatte die Reformation Calvins von Frankreich ans bereits 
an vielen Orten der Niederlande Eingang gefunden und dem zuchtlosen 
und rebellischen Wesen der damaligen Wiedertäufer, die besonders in
	        
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