Metadata: [Teil 5] (Teil 5 = (Für Untersekunda))

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Mitteleuropa nach S., 0. und N. ab. Seit der Erfindung des Dampfschiffes sind 
die Seewege ganz anderen Bedingungen unterworfen als in den Zeiten, wo man 
die Fahrzeuge durch die Kraft des Windes oder der Menschen befördern mußte. 
Auch solche Länder, die früher weit zurückgelegen waren, können jetzt am Ver¬ 
kehre teilnehmen, und solche Wege, die früher wegen widriger Winde oder 
Strömungen vermieden wurden, können jetzt benutzt werden. 
Auf dem Lande kommt der Bau der Eisenbahnen hinzu. Er hat es ermöglicht, 
weite Landstrecken schneller zu durcheilen, als es den Karawanenzügen möglich 
war, und hat dadurch auch Länder erschlossen, die man früher nur schwer erreichen 
konnte. 
Der Landverkehr in Europa stammt noch aus den Zeiten, wo phönizische, 
griechische und etrurische Händler den Verkehr vermittelten. Im Straßenbau 
haben die Römer Hervorragendes geleistet. Das Mittelalter hat ihre Straßen nur 
erhalten und sie stellenweise sogar verfallen lassen. Nur die fortgeschrittensten 
Länder von West- und Mitteleuropa besaßen vor dem Zeitpunkt der Eisenbahn 
gut gebaute Straßen; in den Ländern von Ost- und Südeuropa bestanden gute 
Straßen vor der Errichtung der Eisenbahn gar nicht, und die wenigen guten Straßen, 
die es jetzt dort gibt, sind erst als Anschluß an die Eisenbahnen gebaut worden. 
Im Tieflande von Osteuropa wäre die Anlegung von Straßen bei dem Fehlen von 
Geländeschwierigkeiten zwar leicht, aber trotzdem sind die Straßen dort in so 
schlechtem Zustande, daß man die Schneedecke des Winters und den Schlitten¬ 
verkehr vor dem Wagenverkehr des Sommers vorzieht. Gut sind die Fahrstraßen 
auf der skandinavischen Halbinsel, selbst im Gebirgslande, wogegen in den Gebirgen 
von Südeuropa an vielen Stellen der Saumverkehr den Wagenverkehr ersetzen muß. 
Die Eisenbahnen sind in reinen Landwirtschaftsgebieten nicht zu so einem 
dichten Netze ausgebaut wie in den gewerblich hervorragenden Ländern. Infolge¬ 
dessen ist das Eisenbahnnetz dichter in Nordwest- und Mitteleuropa, am dich¬ 
testen in den großen Industriegebieten von England, Belgien, Rheinland-Westfalen 
und Sachsen und in der Nähe der großen Städte London, Paris, Berlin. Am weit¬ 
maschigsten ist das Netz in Osteuropa und in Spanien sowie in einigen Gebirgs¬ 
gegenden. Außerdem haben die Eisenbahnen aber auch eine große Bedeutung 
für den Kriegsfall, und deshalb gibt es strategische Bahnen auch in Gegenden, 
wo man wegen der Ödländereien sonst keine Verkehrstraße suchen würde. Mit 
großer Schnelligkeit, hat Rußland seine Eisenbahnen ausgebaut, allerdings ist der 
Unterbau mit geringer Sorgfalt angelegt. Ganz Europa ist jetzt mit Schienen¬ 
strängen überzogen, so daß man von Lissabon und Westfrankreich nach Arch¬ 
angelsk und zum Ural, aus dem nördlichen Schottland und Schweden nach Sizilien 
und Konstantinopel fahren kann. 
Die Schiffahrtstraßen von Europa sind sehr verschieden verteilt. Die Brauch¬ 
barkeit der Flüsse für denVerkehr ist auf das Tiefland beschränkt, und da außerdem 
die Flüsse Frankreichs unter Versandung, diejenigen von Rußland unter Eis¬ 
bedeckung leiden, so kommen von den europäischen Flüssen nur verhältnis¬ 
mäßig wenige und kurze Strecken für einen dauernden Verkehr in Frage. Am 
wichtigsten sind die Binnenwasserstraßen in solchen Gegenden, wo das Eisenbahn¬ 
netz noch nicht ausgebildet ist, und an den Stellen, wo ein großer Massengüter¬ 
verkehr besteht, dem die Eisenbahnen nicht gerecht werden können. Also sind die 
Flußstraßen am wertvollsten im osteuropäischen Tieflande und in den Industrie- 
Steinecke, Deutsche Erdkunde. V. Teil. 
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