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Die neuefte Literatur. 
ftadt mit ihrer altehrwürdigen Universität und dem historischen Hauch, der über Schloß und 
Stadt ausgegoffen ist, war vor einigen Jahrzehnten ein Hauptsitz romantischer Bestrebun¬ 
gen, als sich die weltberühmte Kunstsammlung der Brüder Boisseree daselbst befand, 
als die ,,Studi en" von D aub und Creuzer das Organ poetisch-philosophischer For¬ 
schungen bildeten, als die durch ihr tragisches Ende, wie durch Bettina's Briefe be¬ 
rühmte Günderode in dieser Musenstadt weilte und die hohe Gestalt des kraftvollen 
Thibaut für die ,,Reinheit der Tonkunst" wirkte. Selbst das Gegengewicht, das die 
romantische Richtung und Creuzers symbolische Mythenerklärung, wornach in den 
griechischen Göttersagen die Grundideen einer orientalischen Urreligion verhüllt liegen, 
an dem rüstigen Voß fand, war der Literatur im Allgemeinen ersprießlich. In Um¬ 
breit erstand der hebräischen Poesie ein Erklärer und Uebersetzer wie Herder. — In 
Karls- Karlsruhe lebten Max von Schenkendorf (Anh. §. 100.), ein frommes, vater- 
ruI)C' ländisches Gcmüth, und Peter Hebel (Anh. §, 87.), der die schwarzwälder Gemüth- 
lichkeit, die sich in seinen „allemanischen Gedichten" ausspricht, und die prak¬ 
tische Lebensweisheit, die seine ,,Erzählungen" offenbaren, auch im geselligen Le¬ 
ben, im Kreise der Freunde kund gab. Auch der dramatische Dichter Jos. von Aussen- 
berg (geb. zu Freiburg 1798), der Verfasser von „Pizarro", „die Flibustier", „Wal¬ 
las", „die Syrakusaner" u. a. gehörtZBaden an und der geistreiche Graf von Benzsel- 
Sternau sgeb. zu Mainz 1767; gest. zu Constanz 1851) als Humorist („das gol¬ 
dene Kalb", „der steinerne Gast"), Dramatiker („der Geist von Canossa" u. a.) 
und vielseitiger Schriftsteller („Gespräche im Labyrinth") bekannt, wirkte längere 
Zeit im badischen Staatsdienst. In dem lieblichen Baden-Baden hielt sich Aug. Lewald, 
geb. zu Königsberg 1793, langjähriger Herausgeber der vielgelesenen Zeitschrift „Eu¬ 
ropa" und Verfasser vieler beliebter Reiseschilderungen und Novellen, einige Zeit auf.— 
Freiburg. Freiburg mit seinem altchrwürdigen Münster, hat als Universität wenig Bedeutung, da¬ 
gegen war es noch vor Kurzem eine politische Macht, als die liberalen Deputirten R ot- 
teck, Welcker, Düttling er u. A. daselbst lebten und die beiden ersten dasauf die 
öffentliche. Meinung so einflußreiche „Staatslexicon" gründeten.— Als vorzügliche 
Bildungsanstalt für katholische Theologen besitzt Freiburg großes Ansehen und ausgedehnte 
Wirksamkeit in kirchlichen Dingen; früher mehr der freien Richtung huldigend wird es jetzt 
durch den Einfluß der Curie bestimmt; doch sind Hirsch er und der gelehrte Stauden¬ 
maier die Zierden ihrer Kirche. In Constanz lebt der frühere Bisthumsverweser, 
Freiherr von Wessenberg (Lehrb. §. 814.) in stiller Opposition gegen den römischen 
Ultramontanismus, seine Muße mit lyrischen und epischen Dichtungen („Blüthen aus 
Italien"; „Julius oder die Pilgerfahrt" u. A.) und historischen Studien („die großen 
Kirchcnversammlungen des 15. und 16. Jahrh.") würdig aussüllend. Treu seiner Ueber- 
zeugung hat er mit ehrenhafter Consequenz den kirchlichen Freimuth verbunden mit echter 
Frömmigkeit des Herzens und Wandels aus einer freieren Zeit in die Gegenwart be¬ 
wahrt. — In der Schweiz haben sich in neuester Zeit Jeremias G o tth elf (eig. Alb. 
Bitzius) durch gelungene Volksbücher in Pestalozzi's Geist, nur mit minder edler Haltung 
(„Bauernspiegcl," „Uli der Knecht" u. a.) und durch seine „Bilder und Sagen aus 
der Schweiz" und der Romanschrciber Charles Sealsfield durch geschickte Bear¬ 
beitung amerikanischer Stoffe („Lebensbilder aus beiden Hemisphären", „Süden und 
Norden"; „Vircy" u. A.) einen guten Namen erworben und im Elsaß hält noch das 
Brüderpaar August und Adolf Stöber den deutschen Dichtergeist lebendig. — 
Ba sel, seit alten Tagen mit Deutschland innig verwachsen, zieht seine bedeutendsten 
literarischen Kräfte aus unserm vielgespaltcncn Vatcrlande (de Wette sLehrb. §. 817.}, 
Wilh. Wackernagel, Dichter und Sprachforscher u.A.). Hagenbach, der Kirchen¬ 
historiker und Dichter und H. Gelzer, der Literarhistoriker, der von Berlin nach Basel 
übergesiedelt ist, gehören dagegen auch durch ihre Geburt der Schweiz an.
	        
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