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Soldatenkind muß sich auf alles verstehen," sagte Renz und trommelte 
lustig weiter. Bald folgte ihm eine kleine Schar von fünfzig bis sechzig 
Soldaten, gleichsam wie zum Scherz, als ob sie Soldaten spielen wollten. 
Auf einmal wurden feindliche Kanonen auf einem Hügel vor ihnen 
aufgefahren und ein heftiges Feuer auf eine sich zurückziehende 
Kavallerieabteilung eröffnet. „Nun hört aber aller Spaß auf!" rief Renz 
und schlug den Sturmmarsch. Mit lautem Hurra stürmte die kleine 
Schar vor, doch eine volle Kartätschenladung sprengte sie auseinander. 
August Renz aber schritt noch immer tapfer trommelnd vorauf. Bald 
sammelte die kleine Schar sich wieder. Schon war sie der Batterie 
ganz nahe, da warf ein zweiter Schuß seinen zerschmetternden Hagel 
in ihre Reihen — und der tapfere Trommelschläger stürzte dicht an 
der Seite des Leutnants zu Boden. Krampfhaft hielt er dessen Rock¬ 
zipfel fest und rief mit jammervoller Stimme: „Herr Leutnant, ich 
bin ein Mädchen!" Aber ohne darauf zu achten, riß sich der Leutnant 
los. Bald waren sie an der Schanze und hatten das Geschütz erobert. 
Da erinnerte sich der Leutnant an den Ausruf des Tambours. Er 
eilte zurück und fand die Ärzte bereits um ihn beschäftigt: eine Kugel 
hatte ihm den Schenkel zerschmettert. Kein Klageruf drang über seine 
Lippen, obwohl die Schmerzen furchtbar waren. Leonore wurde dann 
nach dem Städtchen Dannenberg gebracht, wo sie am 5. Oktober unter 
unsäglichen Schmerzen, aber in standhafter Ergebenheit starb. Ihre 
Wasfengefährten und zahlreiche Offiziere anderer Heeresabteilungen 
umstanden trauernd ihr Grab. 
1(36. Der Trompeter an der Ratzbach. 
1. Don Wunden ganz bedecket, 
der Trompeter sterbend ruht, 
an der Katzbach hingestrecket,' 
der Brust entströmt das Blut. 
2. Brennt auch die Todeswunde, 
doch sterben kann er nicht, 
bis neue Ziegeskunde 
zu seinen Ohren bricht. 
3. Und wie er schmerzlich ringet 
in Todesängsten bang, 
zu ihm herüberdringet 
ein wohlbekannter Klang. 
4. Das hebt ihn von der Trde! 
Er streckt sich starr und wild — 
dort sitzt er auf dem Pferde 
als wie ein steinern Bild! 
5. Und die Trompete schmettert — 
fest hält sie seine Hand —, 
und wie ein Donner wettert 
,,Diktoria!" in das Land. 
6. „Diktoria!" so klang es, 
,,Viktoria!" überall' 
„Diktoria!" so drang es 
hervor mit Donnerschall. 
7. Doch als es ausgeklungen, 
die Trompete setzt er ab — 
das Herz ist ihm zersprungen - 
vom Uotz stürzt er herab. 
8. Um ihn herum im Kreise 
hielt's ganze Uegiment,- 
der Feldmarschall sprach leise: 
> „Das heißt ein selig End'!" 
__ Julius IHofen.
	        
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