284 
2. Also hältst seit tausend Jahren 
du im Osten deutsche Wacht, 
seit Germanen einst gelichtet 
unter dir des Urwalds Nacht. 
Römerzüge sahst du wandern 
von der Adria zum Belt, 
und von Dörfern, Städten wachsen 
um dich eine neue Welt. 
3. Wenn der Donner dich umgrollte, 
wenn der Sturm die Flügel schwang, 
floh’n zu deinen heil’gen Stätten 
unsre Ahnen fromm und bang. 
Zauberlieder, Runensprüche 
murmelten zu dir empor, 
bis aus hohen Klosterhallen 
quoll der Mönche lauter Chor. 
4. All die Stimmen sind verklungen: 
doch ein Schwur ist nicht verhallt, 
der von hundert Heldenzungen 
dir zu Füßen ist erschallt. 
Was gelobt der edle Sänger 
mit der Leier und dem Schwert, 
tönt noch fort in unserm Herzen: 
„Frei soll sein der deutsche Herd!" 
5. Herd und Volk ist frei geworden, 
herrlicher, als er gedacht, 
und aus tausendjähr'gem Schlummer 
ist der Kaiser aufgewacht. 
Sicher fließt durch deutsche Lande 
fern im West der grüne Rhein; 
doch im Osten sollst du, Zobten, 
Wacht uns an der Oder sein! 
6. Und der einst das Reich geschmiedet 
mit dem Schwert im Schlachtgebraus, 
ruhet nun zu ew'gem Schweigen 
sanft in deinem Schatten aus. 
Einen Bessern sahst du nimmer; 
seit du blickst ins Tal hinab; 
drum die schönsten Eichenkränze 
leg' ihm auf das Heldengrab! 
Oswald Baer.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.