—
280
9
—
118. Im Urwalde von Columbia.
Am Nachmittag unternehmen wir einen Ausflug in die
wunderbare Bergwelt. Auf schmalem Pfad geht's in den Wald
hinein; riesenhafte Bäume bilden mit ihren Kronen ein ungeheures
Gewölbe; jeden Augenblick gewahren wir Neues und Schönes,
daß wir gar nicht aus dem Staunen herauskommen. Geheimnis—
volle Dämmerung umgibt uns, rätselhafte Laute klingen an unser
Ohr, bald tönen sie näher, bald ferner; wie ein E—
umgibt uns der Urwald mit seinen Schauern. Bergauf, bergab
folgen wir der schmalen Wegspur und gelangen so in ein herrliches,
üppiges Tal, durch das ein silberklarer, frischer Bergquell rollt,
und das der Himmel überdies allnächtlich mit reichem Tau tränkt.
Stolze Palmwipfel, hohes Schilfrohr, baumhohe Bambusgräser
flüstern im lustigen Spiel der Luft und beschatten die tiefen Rinn⸗
sale des Wassers; glutrote Blüten leuchten aus dem dunklen Laube;
Woll-, Balsam-, Harz- und Gummibäume tragen auf ihren statt⸗
lichen Stämmen breite, schattenreiche Kronen. So bietet der ent⸗
zückende Talgrund alles, was der Mensch begehren kann. Weiter
dringen wir und gelangen zu einer Stelle, an der unseres Wirtes
ältester Sohn mit drei braunen Männern beschäftigt ist, sich ein
eigenes Heim zu bauen. Schwer ist die Arbeit, denn das harte
Holz der Bäume widersteht dem scharfen Eisen, und erst nach
vielen wuchtigen Streichen neigt sich ein solcher Riese, alles im
Sturze niederschmetternd. Eine ziemlich große Lichtung ist bereits
geschlagen, aber noch ist kein Haus gebaut, noch ist der Boden
nicht gerodet. Die fleißigen Männer haben sich einstweilen ein
Schutzdach aus Palmblättern errichtet, worunter die Herdflamme
prasselt, und unter dem die rührigen Arbeiter nach anstrengender
Tätigkeit Rast halten. Zwischen den Pfählen spannt man dem
Fremdling die mitgebrachte Hängematte aus, damit er darin Nacht⸗
ruhe halte. Auf der trockenen, harten Rindshaut schlafen die
braunen Leute, die deutschen Männer, in ihre wollenen Cobijas
gewickelt, auf Schaffellen. Vor der Nachtruhe sind die Kalebassen
am Bache mit ganz frischem Wasser gefüllt und in die Ede gestellt
worden, in der sie am schattigsten stehen; überdies hat man sie
vorsichtig mit breiten Pisangblättern zugedeckt, um das labende
Naß möglichst frisch zu erhalten. Trinknäpfe, Schüssel und Löffel