Full text: [Teil 2 = 3. u. 4. Schulj] (Teil 2 = 3. u. 4. Schulj)

OQQQQQQQQQ Das Fest der Liebe. QQQQQSQQQ 11 
schleppten, neue Silberstücke in Menge, Äpfel und Nüsse und 
Zucker- und Spielwerk, alte und neue Kleider. Da ging’s denn 
durch den dichten Schnee in die dunkle Stadt, fast bis ans Ende, 
wo die ärmsten Leute wohnten. Mancher war in seinem ganzen 
Leben noch nicht dahin gekommen, und die dortige Welt war 
ihnen so unbekannt wie das Innere von Afrika. Aber je un¬ 
bekannter die Gegend, desto fröhlicher wurden die Jungen. End¬ 
lich hielten wir still an einem Hause. Unten wurde ein Licht an¬ 
gesteckt, und nun ging’s hinauf über die halsbrechenden Treppen. 
Vor der Tür der Dachkammer sangen wir unser erstes Weihnachts¬ 
lied, und währenddessen hatte einer der Jungen einen Christbaum 
angezündet. Es waren zwei alte Leute, die da oben wohnten; 
der Mann war fast erblindet. In die Kirche konnten sie schon 
lange nicht mehr, da auch die Frau gebrechlich war und den Mann 
nicht verlassen durfte. Aber sie hatten ihre zwei Enkelkinder bei 
sich, denen die Eltern weggestorben waren, und da die armen 
Alten nicht ausgehen konnten, hatten eben die Kinder nichts. So 
saß denn der kleine Enkel, ein Junge von acht Jahren, und las 
holprig und stockend dem blinden Großvater ein Weihnachtslied 
vor. Aber wie flog die Tür auf, als sie unsern Gesang hörten 
und der Lichterglanz ihnen entgegenstrahlte! „Großvater, Gro߬ 
vater,“ rief der eine, „das Christkind kommt!“ Wir hatten aller¬ 
hand warme Sachen für den Großvater gefunden, und auch für 
die Großmutter und die Enkel war reichlich gesorgt. Wir stimmten 
nun noch ein Weihnachtslied an, und einer der Jungen sagte die 
Weihnachtsgeschichte mit solchem Ausdruck her, daß dem alten 
Großvater aus den erloschenen Augen die hellen Tränen rannen. 
Wir ließen ihnen noch ein paar Geldstücke da, und dann ging’s 
wieder die Treppe hinunter, was noch schwerer war als das Hin¬ 
aufkommen. Meine kleine Truppe sammelte sich unten, — sie 
waren alle so feierlich still, und keiner sagte ein Wörtlein. 
Nun ging’s durch ein dunkles Gäßlein und den Hof hinauf 
in den dritten Stock. Wir machten’s wieder wie bei den andern, 
und wieder ging die Tür auf, und ein Mann trat zu uns, — es 
war ein schöner, ausdrucksvoller Männerkopf mit langem Bart; 
aber das Gesicht war sorgenvoll und vergrämt; acht Tage vorher
	        
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