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139. Der Große Kurfürst und die Schweden.
Wilhelm Pfeifer.
Vor 270 Jahren verwüstete der schrecklichste Krieg unser Vater¬
land; große Städte wurden zerstört, viele hundert Dörfer ver¬
schwanden. Kommst du ins Land hinaus, so führt dich wohl ein
alter Bauer an eine Stätte im Acker und sagt: „Wenn wir hier
tief pflügen, so stoßen wir auf gemauertes Pflaster von Kellern
und heben mit der Pflugschar Brandschutt heraus. Hier stand ein
Dorf, damals vor der Schwedenzeit." Oder ein Förster zeigt dir
im Walde, abseits vom Wege, unter den Buchen ein Erdwerk, von
Rasen und Brombeergestrüpp überwachsen, und spricht: „Das ist
die Schwedenschanze; die haben die Schweden gebaut in dem
langen Kriege." Dieser Krieg währte dreißig Jahre und blieb den
Menschen lange im Gedächtnis, und die stumme Erde bewahrt
noch die Spuren seiner Schrecken.
Während des Friedens, der dem Dreißigjährigen Kriege folgte,
saßen böse Nachbarn rings um die Deutschen, gönnten ihnen nicht,
daß sie sich wieder aus ihrer Armut erhoben, und trachteten danach,
Stücke ihres Landes an sich zu bringen. Keiner unter diesen Nachbarn
war mehr zu fürchten als Ludwig XIV., der König der Franzosen.
Seinen Feinden war er furchtbar; er kannte kein Erbarmen, seine
Soldaten mußten Menschen quälen, Äcker zertreten, Dörfer verwüsten,
Städte niederbrennen, wie es ihm gut schien. Seinen Nachbarn
nahm er, was ihm gefiel und so viel er erlangen konnte, und fragte
nicht nach dem Rechte. Einst wollte er Holland erobern und führte
kurzerhand seine Heere ins Niederland, gerade auf die Stadt
Amsterdam. Darüber gerieten die Holländer in große Not, hatten
weder Soldaten genug, um sich der Franzosen zu erwehren, noch
Freunde, die ihnen halfen. Da hörte von ihrer harten Bedrängnis
der Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, und da er nicht
wollte, daß der König Ludwig ihr Herr wurde, sprach er: „Ich
will den Holländern helfen." Er hatte aber ein wackeres Heer,
Reiter, Fußvolk und Geschütz. Mit ihm konnte der Kurfürst den
Kampf für die Holländer wohl wagen. Er führte also die Seinen
aus der Mark an den Rhein; dort gesellten sich später des Kaisers
und anderer mächtiger Reichsfürsten Truppen zu ihm, und sie be¬
drohten die Franzosen.