Full text: (Viertes und fünftes Schuljahr) (Teil 2 für Kl. 6 u. 5)

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„Durch das Malnehmen,“ sagte eine Stimme. „Recht so," rief 
der König. „Das ist meine liebste Weise. Rechnet das also aus, 
und wenn ihr es ausgerechnet habt, dann zieht von der Summe zwei¬ 
hundertvierzig Taler, — schreibt’s auf — zweihundertvierzig Taler, 
ab, und dann will ich wissen, was bleibt. Vorwärts!" 
Wendroth fürchtete, daß manche seiner Jungen schlecht bestehen 
würden. So leicht die Aufgabe war, so sehr er auch die vier 
Rechnungsarten eingeübt hatte, die Anwesenheit des Königs machte 
ängstlich. Tiefe Stille trat ein, nur die Griffel quietschten auf den 
Tafeln; Wendroth lehnte an einem Tische, die Jungen rechneten, 
ohne zum Ziele zu kommen, sie waren eben ängstlich, der König 
beobachtete genau. 
Da rief eine helle Stimme: „Ich bin fertig." Wer war es? Ha, 
der kleine Jochen Müller hielt die Tafel empor. „Na mal heraus," 
lachte der König. „Wie ist das nun? Was kommt heraus?" 
„Ich nehme vier Taler dreihundertfünfundsechzig mal, macht ein- 
tausendvierhundertundsechzig Taler, dann ab zweihundertvierzig 
Taler, bleibt tausendzweihundertzwanzig Taler." „Bravo!" rief der 
König. „Gut gemacht. Und wenn zwei Leute nun diese Summe 
teilen, wieviel kommt auf jeden?" Kurze Pause. „Sechshundert¬ 
und zehn Taler," sagte Jochen. „Sehr gut," rief der König, „das 
ist ein kluger Bengel." 
Wendroth hatte seine Linke auf Jochens Kopf gelegt. „Ein sehr 
kluger Junge," sagte er, „fleißig, Majestät, sehr fleißig." „Glaub’s," 
sagte der König. „Was sind die Eltern?" „Arme Taglöhner," sagte 
der Lehrer. „Werde nachsehen lassen," entschied der König; „hier, 
Jochen, sind zwei Dukaten, und immer ordentlich rechnen!" 
Der Jubel der Jungen war groß; der König ward umringt, und 
da er sich gnädig über die Leistungen aussprach, auch noch andere 
Aufgaben glücklich gelöst wurden, konnte Wendroth mit dem Tage 
zufrieden sein. Nach einer Besprechung mit dem Pastor und dem 
Schulzen stieg der König wieder in seinen Wagen. Die Dorfbewohner 
umstanden das Fuhrwerk; Jochen war der Held des Tages, er 
sollte in das Potsdamer Waisenhaus kommen. Als der König abfuhr, 
rief alles ein donnerndes Hoch. 
Abends langte der König in Soldin an. Beim Domänenrat war 
der gewünschte Imbiß bereitet. „Sieht Er," sagte der König beim 
Abschied, „ich habe heute meine Tagfahrt gemacht. Erst Soldaten,
	        
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