Full text: [Teil 3 = 4. Schulj] (Teil 3 = 4. Schulj)

4 
Teile allein machen. Nur im Winter, wenn der Schnee zu hoch lag 
oder der scharfe Ostwind zu eisig über die kahle Heide blies, brachte 
der Vater mich im Wagen oder Schlitten hin. 
Aber so einsam es auch bei uns zu Hause war, langweilig war es 
nie. Unter der Birke saß ich und spielte auf der Handharmonika 
oder schnitzte mir ein Vogelbauer oder schälte Kartoffeln für die 
Mutter. In die Heide lief ich, um Vögel zu fangen, die Schafe zu 
hüten, dem Vater Essen hinauszubringen, um Holz oder Torf zu holen. 
3. Aber das wurde alles anders, als ich konfirmiert war und in 
die Stadt sollte, um ein Geschäft zu lernen. Es war ein trüber 
nebliger Herbstmorgen, als euer Großvater den Ackerwagen aus un¬ 
serer Scheune zog und zwei dicke Strohsäcke und meinen schweren 
Holzkoffer mit dem starken Vorhängeschloß darauf packte. Einen 
dicken Wollschal um den Hals gebunden, war ich aufgestiegen, und 
die Mutter stand in der Haustür und wischte sich mit der Schürze 
die Augen und winkte mit der Hand und rief ein Mal über das 
andere: ,Adieu! Adieu, Johannes! Bleib brav und gutb — Und 
ich saß gedrückt und traurig auf dem Strohsack und hatte gar keine 
Freude an der Heise. 
Endlich war alles fertig, auch der Vater stieg auf. ,Adieu, 
Johannes!‘ rief die Mutter mir nach. Schwer lag der Nebel über 
der weiten Heide, und die Birke, meine liebe Birke, unter der ich 
so manches Mal gespielt hatte, bewegte ihre Zweige und schüttete 
eine Flut kleiner, trockener, gelber Blätter über mich. Ja, es war 
die Zeit des Blätterfalls, und der Vater rief: ,Hühb und der Gaul, 
unsere alte, gute Braune, die nie schlug oder biß oder durchging, 
zog langsam an, und der Wagen rumpelte und pumpelte durch den 
Nebel auf dem schlechten Wege dahin. Immer wieder drehte ich 
mich um, immer undeutlicher wurden Haus und Baum. Ach Gott! 
Jetzt ging es in die weite Welt hinaus! Neben mir auf dem Stroh¬ 
sacke lag ein kleines, gelbes Blatt. Das war noch eins von den 
Blättern meiner Birke. Ich steckte es als Andenken an die Heimat 
in meine Brieftasche. 
4. Nach fünf Stunden kamen wir in die Stadt. Die vielen 
Menschen! Die schönen Häuser! Meine neue Stelle! Meine viele Arbeit! 
Die Augen schmerzten mir vom vielen Sehen, das Herz tat mir weh 
vor Heimweh. Aber mein Lehrherr, der alte Kaufmann Müller, 
war streng und ließ mir keine Zeit zum Grübeln, und es war ein 
langer Tag, den ich hinter dem Tresen und im Packraume zubringen 
mußte. Aber des Abends, wenn ich zu Bett gehen sollte und 
in meine Kammer kam und sah in der Ecke den Koffer stehen, 
dann packte mich das Heimweh so stark, daß ich vor Schmerz und
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.