4
3. Und als ich durch den Garten ging,
ja, denke mal, was da wohl hing,
ich wollt’ es gar nicht glauben!
Ja, rat nur einmal, was ich fand:
An deinem Weinstock an der Wand
da sind schon reife Trauben.
Heinrich Seidel.
6. Der kranken Mutter. (Gekürzt.)
1. Im kühlen Schatten, auf sonnigen Höhn,
wie blüht ihr Blümlein so wunderschön!
Euch hat ein Engel so reich gemalt,
daß ihr in Farben des Himmels strahlt.
2. Der kranken Mutter pflück' ich den Strauß,
trag' ihr den Frühling ins stille Hans.
Nun freu dich wieder, mein Mütterlein,
dich heilen Blumen und Sonnenschein!
Julius Sturm.
7. Ein Brief aus Amerika.
Nun liegt der Schnee so hoch, daß die Binder kaum zur
schule kommen können, und ein eisiger Wind heult ums Haus und
stäubt Wolken von seinem Schnee von den Dächern.
Das Fenster in der Stube ist den ganzen Tag nicht abgetaut,
trotzdem der kleine Banonenosen in einem fort glüht.
(D weh! Sold? Wetter reißt ein Loch in die Feuerung! Und der
Vater sitzt am Vfen und blickt in die Glut und wärmt seine steif-
gefrornen Finger. Tr ist eben nach Hause gekommen und hat sich
noch nicht ganz durchgewärmt.
Ach, trotz der Bälte, trotz Schnee und eisigem Gstwind — der
Vater hat’s gut! Bommt er heim, findet er eine warme Stube, eine
heiße Taffe Baffee und fröhliche Gesichter. Und die UÜutter kommt
mit der Lampe, und die Zeitung liegt auf dem Tische, und die Batze
schnurrt, und der kleine Barl spielt jjost — —
2. Aber heute morgen! — Da hatte der Vater einen dicken Brief
zu bestellen; der Umschlag war kreuz und quer mit einem Blaustifte
beschrieben, so daß die Adresse kaum zu lesen war. Za, der Brief
hatte schon eine weite Reise gemacht. Übers große Wasser war er ge¬
kommen, von Amerika.
Der Vater hatte drei Treppen hinaufsteigen müssen, bis er unter
das Dach des Hauses kam. Dort oben in einer Bodenkammer wohnte