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Preußens. 5 Herrscher Hannovers waren gleichzeitig Könige Englands. Der
letzte von ihnen starb 1837, und seine Tochter Viktoria wurde in England seine
Nachfolgerin. Hannover aber ging an seinen Bruder Ernst August über, da hier
die weibliche Erbfolge nicht galt. Daß Ernst August das 1833 erlassene Staats—
grundgesetz, welches dem Volke Anteil an der Gesetzgebung einräumte, aufhob,
erregte viel Unwillen; aber durch eine vorzügliche Verwaltung des Landes und
durch Förderung von Kunst und Wissenschaft erwarb er sich bald die Liebe des
Volkes. 1851 starb er. Unter dem seit seiner Jugend blinden Georg V. schlug
die hannoversche Politik verhängnisvolle Bahnen ein. Bisher hatte man mit dem
starken preußischen Nachbar gute Freundschaft gehalten. Verwandtschaftliche Bande
hatten beide Herrscherhäuser mehrfach verknüpft. Die erste Königin Preußens
war eine Schwester, die zweite eine Tochter des ersten englischen Königs aus dem
Hause Hannover. Die Mutter Georgs V. war die Schwester der preußischen
Königin Luise. Schon unter Ernst August hatte Osterreich versucht, in Hannover
Mißtrauen und Haß gegen Preußen zu säen. Unter seinem bedauernswerten
Sohne gelang es dem welfischen Adel, Hannovers Politik durchaus preußen—
feindlich zu gestalten. Als 1866 der Krieg ausbrach, hörte Georg V. nicht auf
die Mahnungen verständiger Ratgeber und auf die berechtigte Forderung Preußens,
sich ihm anzuschließen oder wenigstens neutral zu bleiben. Da ließ Preußen
seine Truppen in Hannover einrücken. Bei Langensalza bewährten am 27. Juni
die Hannoveraner ihre alte Tapferkeit, indem sie die Preußen besiegten; doch
brachte der Sieg keinen Nutzen; denn am 29. war das tapfere, aber schlecht
geführte Heer umzingelt und mußte die Waffen strecken. Nach dem Friedens—
schlusse wurde Hannover eine preußische Provinz. Der Verlust der Selbständigkeit
erregte zunächst Schmerz und Erbitterung in den Herzen der Hannoveraner. In
den seitdem verflossenen 40 Jahren aber haben sie erkannt, daß der Anschluß an
Preußen in wirtschaftlicher Beziehung ein Gewinn war, und in dem Kriege 1870/71
haben Hannovers Söhne als Truppen des 7. und 10. Armeekorps Schulter an
Schulter mit den Preußen tapfer gefochten und redlich dazu mitgeholfen, ein
einiges, mächtiges Deutsches Reich zu erkämpfen, dem anzugehören heute der
Stolz jedes guten Hannoveraners ist.
Druck von Velhagen & Klasing in Bielefeld.