Full text: [Abteilung 1 = Für Tertia und Untersekunda, [Schülerband]] (Abteilung 1 = Für Tertia und Untersekunda, [Schülerband])

144 B. Lyrisch epische Poesie. VII. Erzählungen, Balladen, Romanzen. 
11. Voran die Schlegelkön'ge, zu Fuß demütiglich, 
Mit unbedecktem Haupte, die Augen unter sich; 
Dann viele Herr'n und Knechte, gemachsam Mann für Mann, 
Daß man sie alle zählen und wohl betrachten kann. 
12. „Willkomm'!" so ruft der Greiner, „Willkomm'in meiner Haft 
Ich traf euch gut beisammen, geehrte Brüderschaft! 
So konnt' ich wieder dienen für den Besuch im Bad; 
Nur einen miss' ich, Freunde, den Wunnenstein, 's ist schad'!" 
13. Ein Bäuerlein, das treulich am Feuer mitgefacht, 
Lehnt dort an seinem Spieße, nimmt alles wohl in Acht; 
„Drei Könige zu Heimsen", so schmollt es, „das ist viel! 
Erwischt man noch den vierten, so ist's ein Kartenspiel.". 
3. Die Schlacht bei Reutlingen. Am 14. Mai 1377. 
1. Zu Achalm auf dem Felsen, da haust manch kühner Aar, 
Graf Ulrich, Sohn des Greiners, mit seiner Ritterschar! 
Wild rauschen ihre Flüge um Reutlingen, die Stadt, 
Bald scheint sie zu erliegen, vom heißen Drange matt. 
2. Doch plötzlich einst erheben die Städter sich zu Nacht; 
Ins Urachthal hinüber sind sie mit großer Macht: 
Bald steigt von Dorf und Mühle die Flamme blutig rot, 
Die Herden weggetrieben, die Hirten liegen tot. 
3. Herr Ulrich hat's vernommen, er ruft im grimmen Zorn: 
„In eure Stadt soll kommen kein Huf und auch kein Horn!" 
Da sputen sich die Ritter, sie wappnen sich in Stahl, 
Sie heischen ihre Rosse, sie reiten stracks zuthal. 
4. Ein Kirchlein stehet drunten, Sankt Leonhard geweiht, 
Dabei ein grüner Anger, der scheint bequem zum Streit. 
Sie springen von den Pferden, sie ziehen stolze Reih'n, 
Die langen Spieße starren; wohlauf, wer wagt sich drein? 
5. Schon zieh'n vom Urachthale die Städter fern herbei;' 
Man hört der Männer Jauchzen, der Herden wild' Geschrei; 
Man sieht sie fürder schreiten, ein wohlgerüstet Heer; 
Wie flattern stolz die Banner! Wie blitzen Schwert und Speer 1 
6. Nun schließ' dich fest zusammen, du ritterliche Schar! 
Wohl hast du nicht geahnet so dräuende Gefahr; 
Die übermächt'gen Rotten, sie stürmen an mit Schwall, 
Die Ritter steh'n und starren wie Fels und Mauerwall. 
7. Zu Reutlingen am Zwinger, da ist ein altes Thor, 
Längst wob mit dichten Ranken der Epheu sich davor, 
Man hat es schier vergessen; nun kracht's mit einmal ans, 
Und aus dem Zwinger stürzet, gedrängt, ein Bürgerhaus'. 
6. Den Rittern in den Rücken fällt er mit grauser Wut, 
Heut' will der Städter baden im heißen Ritterblut. . 
Wie haben da die Gerber so meisterlich gegerbt! 
Wie haben da die Färber so purpurrot gefärbt! 
9. Heut' nimmt man nicht gefangen, heut' geht es auf den Tod, 
Heut' spritzt das Blut wie Regen, der Anger blümt sich rot.
	        
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