112
zählte ihr: „Gestern abend kam ein Wanderer, der suchte Nachtherberge,
und heute morgen beim Abschied hat er uns drei Wünsche gewährt, die
ewige Seligkeit, Gesundheit in diesem Leben und das notdürftige täg¬
liche Brot dazu, und zuletzt noch statt unserer alten Hütte ein schönes,
neues Haus." Die Frau des Reichen lief eilig zurück und erzählte ihrem
Manne, wie alles gekommen war. Der Mann sprach: „Ich möchte
mich zerreißen und zerschlagen; hätte ich das nur gewußt! Der Fremde
ist zuvor hier gewesen und hat bei uns übernachten wollen, ich habe
ihn aber abgewiesen." — „Eil' dich," sprach die Frau, „und setze dich
aus dein Pferd, so kannst du den Mann noch einholen, und daun
mußt du dir auch drei Wünsche gewähren lassen."
Der Reiche befolgte den guten Rat, jagte mit seinem Pferde davon
und holte den lieben Gott noch ein. Er redete fein und lieblich und
bat, er möcht's nicht übelnehmen, daß er nicht gleich wäre eingelassen
worden, er hätte den Schlüssel zur Haustür gesucht, derweil wäre er
weggegangen; wenn er des Weges zurückkäme, müßte er bei ihm ein¬
kehren. „Ja," sprach der liebe Gott, „wenn ich einmal zurückkomme,
will ich es tun." Da fragte der Reiche, ob er nicht auch drei Wünsche
tun dürfte wie sein Nachbar. Ja, sagte der liebe Gott, daß dürfte
er wohl, es wäre aber nicht gut für ihn, und er sollte sich lieber nichts
wünschen. Der Reiche meinte, er wollte sich schon etwas aussuchen,
was zu seinem Glücke gereiche, wenn er nur wüßte, daß es erfüllt würde.
Sprach der liebe Gott: „Reit' heim, und drei Wünsche, die du tust,
die sollen in Erfüllung gehen."
Nun hatte der Reiche, was er verlangte, ritt heimwärts und fing
an nachzusinnen, was er sich wünschen sollte. Wie er sich so bedachte
und die Zügel fallen ließ, fing das Pferd an zu springen, so daß er
immerfort in feinen Gedanken gestört wurde und sie gar nicht zusammen¬
bringen konnte. Er klopfte ihm an den Hals und sagte: „Sei ruhig,
Liese," aber das Pferd machte aufs neue Männchen. Da ward er
zuletzt ärgerlich und rief ganz ungeduldig: „So wollt' ich, daß du den
Hals zerbrächst!" Wie er das Wort ausgesprochen hatte, plump, siel
er auf die Erde, und das Pferd lag tot und regte sich nicht mehr;
damit war der erste Wunsch erfüllt. Weil er aber von Natur geizig
war, wollte er das Sattelzeug nicht im Stich lassen, schnitt's ab, hing's
auf seinen Rücken und mußte nun zu Fuß gehen. „Du hast noch zwei
Wünsche übrig," dachte er und tröstete sich damit. Wie er nun langsam
durch den Sand dahinging und zu Mittag die Sonne heiß brannte,