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auf seinem Zweige, den Kopf ins Gefieder gedrückt, als im Sternen-
schein ein Waldkauz mit leisem Fluge durch die Bäume flog und
sich eine Beute wählte. Der Steinmarder kam vom Tale her, das
Hermelin aus den Felsen, der Edelmarder aus seinem Eichhornnest,
durch die Büsche war der Fuchs gegangen; — alle hat es gesehen.
In der Luft, auf dem Baume, auf dem Boden hatte das Verderben
gelauscht viele traurige Stunden lang. Angstvoll hatte es gesessen
und sich nicht zu regen gewagt; ein paar Buchenblätter hatten es
geschützt und versteckt. Wie hüpft es jetzt hervor und lobt die
Sicherheit des Lebens und den Schutz des Lichts! In klaren, kräftigen
Schlägen ruft der Buchfink, in hellen Strophen das Rotkehlchen von
dem Wipfel des Lärchenbaums, der Weidenzeisig im Erlenbusch,
Ammer und Blutfink im Unterholz. Und dazwischen trillert der
Hänfling, kollern die Meisen, jubelt der Distelfink, quiekt der Zaun¬
könig, piepst das Goldhähnchen, ruckst die Wildtaube, trommeln
die Spechte.
91. Der schönste Teppich.
Johannes Trojan.
1. Das ist der schönste Teppich der Welt,
Der ausgespannt liegt unterm Himmelszelt.
2. Smaragdenes Grün, das ist sein Grund,
Da sind hineingewirkt Blumen bunt.
3. bind auf des Teppichs schimmernde Pracht
Streut helle Perlen jedwede Nacht.
4. Am Morgen sammelt der Sonnenschein
Die glänzenden Perlen wieder ein.
5. Allmählich aber im Sonnenstrahl
Vergehen die Blumen, das Grün wird fahl.
6. Da deckt der Himmel in aller Ruh'
Mit weißem Linnen den Teppich zu.
7. So liegt er sauber und wohlbedeckt,
Bis der Frühling kommt, der die Veilchen weckt,
8. Der die milderen Lüfte wiederbringt
Mit der Vögel Schar, die so fröhlich singt.
9. Der hebt das Tuch von des Teppichs Grund,
Und wieder färbt er sich lieblich bunt.