170 Kap. 24. § 122. Kaiser Heinrich VI. (Zweiter Zug nach Italien.)
fangen zu halten, bis für denselben jenes große (in § 139 erwähnte) Lösegeld entrichtet
war, das er dann zu einem neuen Zuge nach Neapel verwandte.
In Deutschland legte er den Kampf mit Heinrich dem Löwen da¬
durch bei, daß er diesen in seinem braunschweigisch-lüneburgischen Erbe be¬
stätigte und dem ältesten Sohne desselben, Heinrich dem Schönen, die
einstige Nachfolge in der rheinischen Pfalzgrafschaft versprach, die damals
des Kaisers Oheim Konrad noch inne hatte.
Derselbe willigte nach langem Sträuben in die Heirat seiner Tochter Agnes mit
dem ritterlichen Welfen, dem die Mutter der Braut, Jrmingart, gewogen war; sie
hatte hinter dem Rücken des Gatten die Tochter dem Welfen antrauen lassen, während
der erstere sie dem König von Frankreich hatte vermählen wollen.
Hierauf trat er seinen zweiten italischen Zug mit günstigen Aus¬
sichten an. Tancred hatte auf Verwendung des Papstes die Kaiserin
Constanzia bald wieder frei gegeben und war einige Jahre darauf in Pa¬
lermo mit Hinterlassung eines unmündigen Sohnes, Wilhelm's III, gestor¬
ben. Daher drang Heinrich mit Unterstützung der Pisaner und Genueser
ohne Hindernisse in den italischen Süden ein, wo ihm nach furchtbarer
Bestrafung der Stadt Salerno alle Städte, selbst Neapel und Palermo,
huldigten. Kaum aber war er in Palermo gekrönt, als er viele sicilische
Große, denen er aus die Aussage eines Mönchs eine Verschwörung gegen
sein Leben Schuld gab, verhaften und teils blenden teils hängen oder
spießen, teils lebendig vergraben oder verbrennen ließ.
Selbst Roger's unmündiger Sohn wurde geblendet und nebst seiner Mutter _ und
Schwester nach Deutschland in Haft gebracht, offenbar in der Absicht, den normannischen
Königsstamm auszurotten. An dem Tage dieser Greuel, dem zweiten Weihnachtstage
des Jahres 1194, gebar ihm Constanzia zu Salerno seinen Sohn Friedrich, an
dessen Söhnen und Enkeln nachher die ewige Vergeltung Heinrich's Freveltat heim¬
suchen zu wollen schien.
Wegen dieser Grausamkeit von seinen neuen Untertanen verwünscht und
von der Kirche wegen Verleihung der mathildischen Güter an seinen jun¬
gem Bruder Philipp mit dem Bannfluch beladen, kehrte Heinrich
im Besitze reicher Schätze nach Deutschland zurück und suchte im Gefühl
verstärkter Macht die deutsche Reichskrone in feiner Familie erblich zu
machen, das deutsche Reich also aus einem Wahlreich in ein Erbreich zu
verwandeln, wobei er sich erbot, Apulien und Sicilien unauflöslich mit
dem deutschen Reiche zu verbinden. Allein der Widerstand vieler weltlichen,
vorzüglich aber der geistlichen Fürsten, insbesondere der Erzbischöfe von
Mainz und Köln, vereitelte diesen Plan, und er mußte sich begnügen, für
seinen dreijährigen Sohn Friedrich die Nachfolge im Reich zu erhalten.
Während er sich hierauf in Sicilien mit dem Plane, sogar das griechische
Kaisertum mit feinem Reiche zu bereinigen, beschäftigte, und schon einen
Kreuzzug, der ihm zur Ausführung seines Planes dienen sollte, vorberei¬
tete, starb er den 28. Sept. 1197 zu Messina an den Folgen eines kalten
Trunkes nach starker Erhitzung unter Aeußerungen der „Reue über seine
Sünden" im 32. Jahre seines Alters.
Zwei Jahre zuvor, den 6. August 1195, war auch der alte Heinrich der Löwe
gestorben. Er hatte sich zuletzt, der Kämpfe müde, in die Stille zurückgezogen und nnt
Lesung alter Chroniken beschäftigt, auch durch manche fromme Werke für ferne Seele
zu sorgen gesucht. Man hörte von dem sonst so Ungeduldigen keine Klagen über ferne
körperlichen Schmerzen. Mit den Worten: „Herr, sei mir Sünder gnädig!^ gab er
seinen Geist auf. Viele feiner Feinde freuten sich, wünschten aber tn der Folge Den
Starken zurück. Er hinterließ drei Söhne, von denen Heinrich Braunschweig, WU-