Full text: (Viertes und fünftes Schuljahr) (Teil 2 für Kl. 6 u. 5)

4. Leicht schleicht die Lüge sich ans Herz heran, 
Zuerst ein Zwerg, ein Riese hintennach; 
Doch dein Gewissen zeigt den Feind dir an, 
Und eine Stimme ruft in dir: „Sei wach!" 
5. Dann wach' und kämpf', es ist ein Feind bereit; 
Die Lüg' in dir, sie drohet dir Gefahr. 
Kind! Deutsche kämpften tapfer allezeit,- 
Du deutsches Kind, sei tapfer, treu und wahr! 
lO. Oer Knabe im Feldlager. 
Heinrich Dittmar. 
Ein preußischer Soldat schrieb im Frühling des Jahres 1793 
aus dem Lager am Rheine an seine Frau im Magdeburgischen 
und äußerte in diesem Briefe unter anderm sein Verlangen nach 
einem Gericht Kartoffeln. Der Brief kam gegen Abend an. Der 
zwölfjährige Sohn des Soldaten vernahm diesen Wunsch seines Vaters, 
steckte den Brief zu sich, stand des Morgens früh auf, ging in den 
Keller, füllte einen Quersack mit drei Metzen Kartoffeln, nahm seinen 
Wanderstab und marschierte ohne Zehrpfennig, und ohne irgend 
jemand ein Wort zu sagen, gerade nach dem preußischen Heere. 
Er kam glücklich bis an die Vorposten. Hier wurde er aus¬ 
gefragt. Er sagte die Absicht seiner Reise und zeigte zu seiner 
Rechtfertigung statt eines Passes den Brief seines Vaters an seine 
Mutter. Man lachte ihn aus, gab ihm zu essen und zu trinken 
und ließ ihn passieren. So kam er bei dem Heere an, fragte nach 
dem Regiment und der Schar, worunter sein Vater stand, und ward 
zu dem Hauptmann des letzteren gebracht. Dieser fragte ihn aus. 
Der Knabe erzählte abermals offenherzig den Endzweck und die 
Schicksale seiner Reise zum preußischen Heere und brachte wieder 
den Brief seines Vaters hervor. Der Hauptmann erstaunte über 
die Erzählung des Kindes, ließ den Vater sogleich, ohne daß derselbe 
von der Anwesenheit seines Sohnes etwas erfahren konnte, zu sich 
holen, führte ihn in ein besonderes Zimmer und fragte ihn nach 
dem Inhalt des letzten Briefes, den er an seine Frau geschrieben 
hatte. Der Soldat bekannte den Inhalt und besonders das Ver¬ 
langen nach einem Gericht Kartoffeln. „Dein Wunsch ist erfüllt,"
	        
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