Full text: [Teil 2 = Kl. 6 u. 5] (Teil 2 = Kl. 6 u. 5)

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13. ^st§ ©rfCUttCU. Von Johann Nepomuk Vogl. 
1. Ein Wanderbursche mit dem Stab in der Hand, 
kommt wieder heim aus dem fremden Land. 
2. Sein Haar ist bestäubt, sein Antlitz verbrannt. 
5 Von wem wird der Bursch' wohl zuerst erkannt? 
3. So tritt er ins Städtchen durchs alte Tor, 
am Schlagbaum lehnt just der Zöllner davor. 
4. Der Zöllner, der war ihm ein lieber Freund, 
oft hatte der Becher die beiden vereint. 
10 5. Doch sieh — Freund Zollmann erkennt ihn nicht, 
zu sehr hat die Sonn' ihm verbrannt das Gesicht! 
6. Und weiter wandert nach kurzem Gruß 
der Bursche und schüttelt den Staub vom Fuß. 
7. Da schaut aus dem Fenster sein Schätzet fromm. 
15 „Du blühende Jungfrau, viel schönen Willkomm!" 
8. Doch sieh — auch das Mägdlein erkennt ihn nicht, 
die Sonn' hat zu sehr ihm verbrannt das Gesicht! 
9. Und weiter geht er die Straß' entlang, 
ein Tränlein hängt ihm an der braunen Wang'. 
20 10. Da wankt von dem Kirchsteig sein Mütterchen her. 
„Gott grüß euch!" — so spricht er und sonst nichts mehr. 
11. Doch sieh — das Mütterchen schluchzet voll Lust: 
„Mein Sohn!" — und sinkt an des Burschen Brust. 
12. Wie sehr auch die Sonne sein Antlitz verbrannt, 
25 das Mutteraug' hat ihn doch gleich erkannt. 
Vogl, Balladen, Romanzen, Sagen und Legenden. 3. Aufl. Wien, 1851, S. 303. 
1-1-. Der alte Großvater und der Enkel. Von Jakob u. Wilhelm Grim,„. 
®s war einmal ein steinalter Mann, dem waren die Augen trüb ge¬ 
worden, die Ohren taub, und die Kniee zitterten ihm. Wenn er 
30 nun bei Tisch saß und den Löffel kaum halten konnte, schüttete er ^nppe 
auf das Tischtuch, und es floß ihm auch etwas wieder aus dem Munde. 
Sein Sohn und dessen Frau ekelten sich davor, und deswegen mußte sich der 
alte Großvater endlich hinter den Ofen in die Ecke fetzen, und sie gaben 
ihm sein Essen in ein irdenes Schüsselchen und noch dazu llicht einmal 
35 satt. Da sah er betrübt nach dem Tische, und die Augen wurden ihm naß.
	        
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