320
zu verwirklichen vermocht; es fehlte die unbedingt erforderliche Kraft¬
maschine, die mit geringem Gewicht große Leistungsfähigkeit verbindet.
Zur Drehung der Luftschrauben stand damals nur die menschliche Kraft
zur Verfügung, und es wären zur Erzielung eines Erfolges 80 Mann
erforderlich gewesen. Lolch ein Gewicht aber vermochte das Fahrzeug
nicht emporzutragen.
Nach Erfindung der Dampfmaschine nahm man die versuche zur
Lenkbarmachung des Ballons wieder auf. Um die Mitte des vorigen
Jahrhunderts erhielt Giffards erstes 44 Meter langes Luftschiff als
Triebkraft eine Dampfmaschine von 3 Pferdestärken. Doch wurden auch
damit keine nennenswerten praktischen Erfolge erzielt. Die Feuergefähr¬
lichkeit der Dampfmaschine konnte nicht genügend herabgemindert werden,
auch betrug ihr Gewicht 290 Kilogramm für jede Pferdestärke, von diesen
Unzulänglichkeiten bekommt man erst den rechten Begriff, wenn man
bedenkt, daß in unserer Zeit, und zwar besonders infolge der Rusbildung
und pflege des Rutomobilsportes, Motoren gebaut werden, bei denen
auf je eine Pferdestärke kaum noch ein Kilogramm Gewicht kommt,
und wenn man sich daran erinnert, daß „2 III" mit Motoren von
450 Pferdestärken fährt.
Rls 1870 alle versuche der Franzosen, außer den Brieftauben auch
Menschen in die belagerte Festung Paris zurückzubringen, mit den ge¬
wöhnlichen Ballons mißlangen, ging man von neuem an die Konstruktion
eines lenkbaren Ballons, eines „Dirigeable" wie die Franzosen kurz¬
weg sagen. Zwar gelang auch dieser versuch nicht, aber seitdem ist lückenlos
an der Lösung des Problems der Lenkbarkeit gearbeitet worden. Unfangs
der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts wurden zuerst Elektro¬
motoren verwendet, und den beiden Franzosen Renard und Krebs gelang
1884 bei Meudon in einem von ihnen erbauten Lenkballon die erste
Rundfahrt. 23 Minuten nach seinem Rufstieg setzte das Luftschiff nach einer
Fahrt von einigen Kilometern sacht an derselben Stelle wieder auf, von
der es abgeflogen war.
Zn Deutschland ist die Entwicklung der Motorluftschiffahrt in neuster
Zeit an die Kamen Parseval, Groß und Zeppelin geknüpft, und wir
dürfen ohne Überhebung sagen, daß wir in den letzten Jahren in diesem
Zweige der Reronautik Erfolge erzielten, die uns in die erste Reihe
aller luftschiffahrttreibenden Kationen gebracht haben. Kachdem lange Zeit
nur durch Vereine und vermögende Privatleute Mittel zur Förderung
der Lache beschafft wurden, sind seit kurzem auch in allen Staaten die
Regierungen tatkräftig in den Wettbewerb eingetreten. Das Deutsche
Reich hat sich die nachdrückliche Unterstützung der Rrbeiten von parseoal,
Groß und Zeppelin angelegen sein lassen. Durch diese drei Kamen werden
die bei uns jetzt eingeführten drei Systeme gekennzeichnet: das unstarre,
das Halbstarre und das starre System. Für ein Luftschiff ist die Gestaltung
seiner straffen Form eine unbedingte Kotwendigkeit. Dieselbe wird nun
durch verschiedene Bauarten erreicht. Entweder gleicht man den Gas-