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bedeutend. Hus den Gebirgsdörfern des Riesen- und Eulengebirges aber
brachten die Weber die fertige rohe Leinwand zum Bleichen nach dem
am Fuße der vorberge des Riesengebirges gelegenen Städtchen Jauer.
Rls „Jauersche" Leinwand erfreute sich die auf grünem Rasen gebleichte
und zugerichtete schlesische Leinwand wegen ihrer Güte und Billigkeit
länger als ein Jahrhundert eines hohen Rufes im In- und Ruslande.
Freilich, die natürliche Wasserstraße, von der Schlesien in seiner ganzen
Länge durchschnitten wird, die Oder, hatte für Schlesiens Handel im l6.,
17. und 18. Jahrhundert nicht die geringste Bedeutung. Das Flußbett
war noch mehr versandet, als es heute oft der Fall ist, und voller Fels-
bläcke und Baumstämme. So ging denn der ganze Leinwandhandel zu
Lande über Leipzig nach Hamburg und von dort nach den holländischen
Hasenplätzen und weiter nach England und Spanien. Da brach der
Dreißigjährige Rrieg mit seinen Schrecken und Verheerungen auch in
Schlesien ein. Rus der Ebene flüchteten die geängsteten Raufleute ,in
die Gebirgsdörfer und setzten dort trotz großer Opfer an Gut und Leben
das Gewerbe fort. So verlor Bauer seine Bedeutung als Mittelpunkt des
schlesischen Leinwandhandels. Greiffenberg, Landeshut, hirschberg,
Schmiedeberg, Bolkenhain, Schweidnitz, auch Waldenburg, Friedland,
Wüstegiersdorf, Tannhausen und Wüstewaltersdorf begannen sich zu be¬
deutenden Plätzen des Leinwandhandels und der Bleicherei zu entwickeln.
Rls Friedrich II. zur Regierung kam und Schlesien gewann, fand
er daher am ganzen Gebirge entlang eine ansehnliche Leinwandindustrie.
Sein Scharfblick aber erkannte sogleich, daß dieses Gewerbe die Ouelle
des Wohlstandes der Bevölkerung bildete, und daß er ihm sein Rugen-
merk zuwenden müsse, solle es nicht in argen verfall geraten, von Rn-
fang an bis zu seinem Lebensende hat der große Rönig mit der äußer¬
sten Umsicht und Liebe sich der Leinenindustrie und der oft so bedrängten
Weber angenommen. Mit jubelnder Begeisterung wurde der Rönig überall
begrüßt trotz Rriegesnöten und -lasten. Die Liebe und Treue, mit welcher
die Schlesier zu ihrem Rönige standen, und mit der sie zäh aushielten
in dem langen Rampfe und der wirtschaftlichen Bedrängnis, hat ihnen
Friedrich II. mit nie versiegender, liebevoller Rufmerksamkeit reichlich
vergolten. Er förderte den Rnbau des Flachses und verbesserte das Zu-
bereitungsverfahrep,' er ergriff die richtigen Maßregeln, um den stocken¬
den Rbsatz nach dem Ruslande zu fördern und erließ wohltätig wirkende
Weberei- und Bleichereiverordnungen. Er traf Vorsorge, dem Leinwand¬
handel die Benutzung der Elbe zu erleichtern, besuchte und empfing
wiederholt die Raufleute und Weber und vernahm ihre Rlagen, so in
Schmiedeberg und Wüstewaltersdorf. Um den hungernden Spinnern und
Webern ihr Los erträglicher zu gestalten, ließ er Getreidespeicher ?sür
Rotzeiten errichten und verteilte aus seinen Rriegsmagazinen Getreide
unter sie.
So gelangte während seiner Regierungszeit die schlesische Leinwand¬
fabrikation zur höchsten Blüte.
Ruch die schlesische Tuchindustrie und der Tuchhandel, die frei-