Full text: [Teil 5 = 7. - 9. Schulj] (Teil 5 = 7. - 9. Schulj)

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diese Leute hatten eine unübertreffliche Sicherheit in ihrer Arbeit 
erreicht. — Danach wurde ich in einen großen Arbeitsraum geführt, 
in dem Frauen und Mädchen die Borsten sortierten; aus großen 
Haufen Rohware suchten sie die feinen und groben, die weißen und 
schwarzen Haare heraus und legten die gleichartigen in Häufchen 
vor sich auf die Tische. Von da wanderten sie weiter, um in andere, 
noch genauere Unterabteilungen, im ganzen wohl zwanzig an der 
Zahl, zerlegt zu werden. Die letztere Arbeit wurde ebenfalls von 
weiblichen Arbeitern ausgeführt; denn besondere Kräfte gehören ja 
nicht dazu, wohl aber flinke Hände und scharfe Augen, und die 
haben die Frauen. Der nächste Raum, in den ich geführt ward, 
war die eigentliche Bürstenbinderei, hier wurden die Borsten einge¬ 
setzt. Aber auch hier machte nicht jeder Arbeiter alle vorkommenden 
Bürstensorten, sondern es waren Abteilungen gebildet, für die groben, 
mittleren, feinen und feinsten Sorten, und jeder Abteilung waren die 
dafür besonders geschickten Arbeiter zugewiesen. Diese blieben 
meistens dauernd in ihrer Abteilung und nur, wenn man merkte, 
daß ein Arbeiter an Geschicklichkeit gewann oder verlor, versetzte 
man ihn klug in eine andere. Aber auch in der Binderei wurden die 
meisten Bürten noch nicht ganz fertig, ein großer Teil ging noch 
einmal zurück in die Tischlerei, damit hier die Oberblätter auf¬ 
geleimt, verschraubt und fertig poliert würden. 
3. Als ich meinen nächsten Besuch bei dem alten Bürstenbinder 
machte, schilderte ich ihm das Gesehene. „Es ist kein Wunder,“ 
sagte er nachdenklich, „daß ich mit denen nicht mehr mitkommen 
kann, denn eine solche geschickte Arbeitsteilung ist in der Hand¬ 
werkerwerkstatt gar nicht ausführbar, weil der Handwerker so viele 
Auswahl unter der kleinen Zahl seiner Gehilfen nicht treffen kann. 
Wir müssen eben alle Arbeit machen, die vorkommt, und deshalb 
geht sie nicht so schnell vonstatten. Ich glaube wohl nicht, daß meine 
Bürsten schlechter sind als die von der Fabrik. Aber sie kommen 
mir selbst teurer, und da ich sie zum gleichen Preise verkaufen 
muß, verdiene ich weniger daran als der große Fabrikant. Das ist 
der Grund, weshalb die vielen Handwerker heute nicht mehr vor¬ 
wärts kommen.“ 
c) Nachfrage und Konkurrenz. 
„Zwei Ziegeleien sind für unsere kleine Stadt zuviel,“ sagte der 
Gastwirt Müller in Herborn, einem kleinen Städtchen im Nassauischen. 
„Sie werden sich mit den Preisen unterbieten, dann drücken sie erst 
die Arbeitslöhne herunter, und wenn das nicht mehr geht, werden 
sie alle beide die Zahlung einstellen, eine aber sicher.“
	        
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