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10. Wenn du noch
1. Wenn du noch eine Heimat
hast,
so nimm den Ranzen und den Stecken
und wandre, wandre ohne Rast,
bis du erreicht den teuren Flecken.
2. Und strecken nur zwei Arme sich
in freud'ger Sehnsucht dir entgegen,
fließt eine Träne nur um dich,
spricht dir ein einz'ger Mund den
Segen, —
eine Heimat hast.
3. ob du ein Bettler, du bist reich,
ob krank dein Herz, dein Mut be¬
klommen,
gesunden wirst du allsogleich,
hörst du das süße Wort: Willkommen!
4. Und ist verweht auch jede Spur,
zeigt nichts sich deinem Blick, dem
nassen,
als grün berast ein Hügel nur
von allem, was du einst verlassen, —
5. o, nirgends weint es sich so gut,
wie weit dich deine Füße tragen,
als da, wo still ein Herze ruht.
das einstens warm
11. Fremd in
In der Heimat war ich wieder,
alles hab’ ich mir besehn.
Als ein Fremder auf und nieder
mußt’ ich in den Straßen gehn.
für dich geschlagen.
Albert Träger.
der Heimat.
Nur im Friedhof fern alleine
hab’ ich manchen Freund erkannt,
und bei einem Leichensteine -
fühlt’ ich eine leise Hand.
Martin Greif.
12. Lena Wies.
I.
1. An deinem niedrigen Häuschen kann ich nicht so vorübergehen,
du liebreiche Freundin meiner Jugend! Roch stehen die steinernen Bänke
vor dem Hause, noch die gemalten Schwarzbrote, das Zeichen des Betriebes,
auf dem einen Fensterladen, und wenn man die Haustür mit den dicken,
grünen Glasscheiben aufstößt, so schellt die Glocke, und hinten im Backhause
läßt „Perle" seine Stimme erschallen. Wie manchen Herbst- und Winter¬
abend bin ich nach diesem kleinen Hause gegangen! Gegangen? Rein, ge¬
laufen, gerannt! Es gab damals in unserer Stadt noch keine Straßen¬
beleuchtung, aber desto mehr Gespenster; „es spukte draußen"; im Schlosse
wurde nachts eine kleine, braune Frau gesehen. Und das alles wurde mit
jedem Abend bei mir lebendig, und meine kleine Handlaterne warf zweifel¬
hafte Lichter auf die unbewohnte Plankenstrecke, die in jener Straße zu
passieren war. Hatte ich glücklich das Haus erreicht, so stürzte ich fast die