Full text: Für das sechste und siebente Schuljahr (Teil 3)

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gestanden hatten. Unser Geizhals glaubte gern, daß dies neue Paar wohl 
ein Geschenk des Freundes sein könne, der ihn vorher erinnert hatte, sich 
ein Paar neue zu kaufen Flugs zog er sie an und ging voll Freude 
aus dem Bade. 
Unglücklicherweise aber waren es die Pantoffel des Kadi. Als dieser 
sich nun gebadet hatte und seine Pantoffel begehrte, fanden seine Sklaven 
sie nicht, wohl aber ein schlechtes Paar andere, die man sogleich für Kaseins 
Pantoffel erkannte. Eilig lief der Türhüter hinter ihm her und führte 
ihn, als auf dem Diebstahle ertappt, zurück zum Kadi Dieser war über 
die unverschämte Dreistigkeit des alten Geizhalses sehr ergrimmt, hörte 
seine Verteidigung gar nicht einmal an, sondern ließ ihn sogleich ins Ge¬ 
fängnis werfen. Um nicht wie ein Dieb mit öffentlicher Schande bestraft 
zu werden, mußte er nach morgenländischer Art reichlich zahlen. Hundert 
Paar Pantoffel hätte er für die Summe kaufen können, die er erlegen 
mußte. 
II. 
1. Sobald er nach Hause gelangte, nahm er Rache an den Urhebern 
seines Verlustes. Zornig warf er die Pantoffel in den Tigris, der unter 
seinen Fenstern vorbeifloß, damit sie ihm nie mehr zu Gesichte kämen 
Aber das Schicksal wollte es anders. Wenige Tage nachher zogen Fischer 
ihr Netz auf und fanden es ungewöhnlich schwer. Sie glaubten schon, 
einen Schatz an den Tag zu bringen. Statt dessen aber fanden sie die 
Pantoffel Kasems, die noch dazu mit ihren Nägeln das Netz so zerrissen 
hatten, daß sie lange daran flicken mußten. Voll Unwillen gegen Kasem 
und seine Pantoffel warfen sie diese gerade in seine offenen Fenster. 
Aber in eben diesem Zimmer standen unglücklicherweise alle die Kristall¬ 
flaschen, voll von dem schönen Rosenwasser, das er gekauft hatte. Als 
nun die schweren, mit Nägeln beschlagenen Pantoffel darauf geworfen 
wurden, ward das Kristall zertrümmert, und das herrliche Rosenwasser 
floß auf den Boden. 
Man stelle sich Kasem vor, als er ins Zimmer trat und die Zer¬ 
störung erblickte. „Verwünschte Pantoffel!" rief er aus, „ihr sollt mir 
ferner keinen Schaden anrichten!" Sofort nahm er eine Schaufel und 
lief mit ihnen in den Garten. Hastig grub er ein Loch, um seine Pan¬ 
toffel darin zu vergraben. Als er aber damit beschäftigt war, sah einer 
seiner Nachbarn, mit dem er seit langer Zeit in Feindschaft lebte, zum 
Fenster hinaus und bemerkte das hastige Graben Kasems. Eilig lief er 
zum Statthalter und meldete ihm insgeheim, daß Kasem in seinem Garten 
einen großen Schatz gefunden habe. Mehr bedurfte es nicht, um die Geld¬ 
gier des Statthalters zu reizen Es war umsonst, daß Kasem beteuerte,
	        
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