Full text: [Teil 3a = 7. u. 8. Schulj] (Teil 3a = 7. u. 8. Schulj)

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Die Züge des Priesters erkennt er schnell 
und verbirgt der Tränen stürzenden Quell 
in des Mantels purpurnen Falten. 
Und alles blickte den Kaiser an 
und erkannte den Grafen, der das getan, 
und verehrte das göttliche Malten. 
Friedrich v. Schiller. 
62. Der reichste Fürst. 
preisend mit viel schönen Reden 
ihrer Länder Mert und Zahl, 
saßen viele deutsche Fürsten 
einst zu Worms im Kaisersaal. 
2. „Herrlich," sprach der Fürst von 
Sachsen, 
„ist mein Land und seine Macht; 
Silber hegen seine Berge 
wohl in manchem tiefen Schacht." 
3. „Seht mein Land in üpp'ger Fülle," 
sprach der Kurfürst von dem Rhein, 
„goldne Saaten in den Tälern, 
auf den Bergen edlen Mein!" 
ch „Große Städte, reiche Klöster," 
Ludwig, Herr zu Bayern, sprach, 
„schaffen, daß mein Land dem euren 
wohl nicht steht an Schätzen nach." 
5. Eberhard, der mit dem Barte, 
Württembergs geliebter Herr, 
sprach: „Mein Land hat kleine 
Städte, 
trägt nicht Berge silberschwer. 
6. Doch ein Kleinod hält's verborgen, 
daß in Wäldern, nock so groß, 
ich mein Haupt kann kühnlich legen 
jedem Untertan in Schoß!" 
7. Und es rief der Herr von Sachsen, 
der von Bayern, der vom Rhein: 
„Graf im Bart, Ihr seid der reichste, 
Euer Land trägt Edelstein!" 
Iustinus Kerner. 
63. Deutsche Städte im Mittelalter. 
1. Um 1300 liegt die Stadt noch zwischen Wald und Wasser, von Holz, 
Teich, Bruch und Heide umgeben. Aus der Heide führt die Straße durch 
die Landwehr, einen Wall mit Graben, der die Flur und ihre Gemarkung 
in weitem kreise umzieht; der Wall ist mit Dornengebüsch und knicken 
besetzt, die Feinde abzuhalten. Über die Baumgipfel des Waldes und auf 
den benachbarten Höhen ragen einzelne Warttürme, schmucklose Stein¬ 
bauten, zuweilen mit hochgelegener Tür, die nur durch eine Leiter zu¬ 
gänglich wird, oben mir Umgang oder Plattform. Hinter der Landwehr 
zeigt sich die Stadt. Die Morgensonne glänzt von den hohen Kuppeln der 
Stadtkirchen, von dem riesigen Holzgerüst des neuen Doms, an welchem 
gerade gebaut wird, und von vielen großen und kleinen Türmen der Stadt. 
Sie stehen, aus der Ferne betrachtet, dicht gedrängt, nicht nur an Kirchen 
und Rathaus, auch zwischen den Häusern als Überreste alter Befestigung 
oder an einer Binnenmauer, welche die alte Stadt von einem neueren
	        
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