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und am Morgen zog auch mein Wilhelm fort mit den grünen Jägern
zu Fuß. Vorher aber führte ihn mein Alter noch an das Bett des Fran¬
zosen und sagte: „Das ist der zweite!" — Der Franzos schaute ganz
kurios und verwirrt drein und sagte gar nichts, sondern drehte sich nach
der Wand.
6. Das Kanonenschießen kam nun nicht wieder so nah, und der Wil¬
helm schrieb von großen Schlachten, wo viele tausend Menschen zu Tode
kamen, aber er nicht, und die Briefe kamen immer ferner her, und auf
einmal standen gar welsche Namen darauf. Die brachte mein Alter dem
Franzos herauf, der nun schon ganz gut deutsch konnte und sagte lachend
zu ihm: „Nun, Gevatter! Nit raus? Nit raus?" Und der Franzos
machte ein gar erbärmlich Gesicht und sagte, den Brief in der Hand:
„Das sein mein Eimatsort, da wohnen mein Vatter und mein Mutter!"
Mein Alter aber saß am Bett und rechnete an den Fingern: „Eins, zwei,
vier — acht. Acht Jahr, Gevatter Franzos! Warum habt Ihr dunne-
malen meine Zwölf nicht genommen?"
Die Briefe von unserm Wilhelm kamen nun immer seltener, und
auf einmal blieben sie ganz aus, und eines Tages kommt mein Alter
nach Haus, seht sich an den Tisch, legt den Kopf aus beide Arme und
— weint. Ich dachte, der Himmel fiele über mich — — — der und
weinen! —
„Der andre!" stöhnte mein Alter in sich hinein, und ich fiel in Ohn¬
macht zu Boden.
7. Da vor der großen Franzosenstadt Paris muß ein Berg sein —
ich kann den Namen nicht ordentlich aussprechen, — von wo man die
Stadt ganz übersehen kann. Da schossen sie zum letztenmal aufeinander,
und da ist auch dem Wilhelm eine Kugel mitten durch die Brust gegangen,
wie der Kamerad schrieb, und ist er da begraben mit vielen, vielen andern
aus Deutschland. — Das ist meine Geschichte. Den Franzosen aber
kurierten wir aus, und mein Alter gab ihm einen Zehrpfennig und brachte
ihn an das Tor, wo der Weg nach Frankreich geht, den auch meine Jungen
gezogen waren, sah ihn da abhumpeln und kam wieder nach Haus, mur¬
melnd: „Nit raus, nit raus!" — Gott hab' ihn selig, den Mann, es
war ein Wunderlicher, dein Vater, Annchen."
Wilhelm Raabe.