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men einer Kruppschen Kanone gehört hat, und manches Seeräuberboot
in den chinesischen Gewässern hat bei diesem Tone eiligst das Weite gesucht.
Daß Krupps Name bei dem Kaiser von China auch einen guten Klang
hat, beweist der Umstand, daß säst alle chinesischen Kriegsschiffe auch
Kruppsche Kanonen führen.
6. Meint aber nicht, die Kruppschen Werke verfertigen nur Ka¬
nonen und nichts andres. Die Teile vieler Lokomotiven stammen aus
Krupps Werkstatt, und die Eisenschienen, auf denen die Eilzüge dahinfahren,
auch. Eiserne Brücken, Näder, Schrauben, Teile von Dampfmaschinen,
— alles dies wird bei Krupp verfertigt, und seine mächtigen Werke haben
immer vollauf zu tun. Da ist es denn kein Wunder, wenn Krupps Eisen
sich bei ihm in Gold verwandelt hat und er einer der reichsten Leute des
Staates werden konnte. Aus dem kleinen Vaterhause war er in ein großes,
schönes Schloß gezogen; aber das einfache Häuschen steht noch heute und
wird hoch in Ehren gehalten. Alfred Krupp hat es abbilden uub das
Bild an seine Arbeiter verteilen lassen, um ihnen zu zeigen, wie man
aus kleinem Anfange zur Größe gelangen kann.
Für seine Tausende von Arbeitern hat Krupp unendlich viel getan.
Er war ihnen wohl ein strenger Herr, der keine Widersetzlichkeit duldete;
aber er sorgte für sie wie ein Vater für seine Kinder. Wer krank und
arbeitsunfähig geworden ist, für den wird bis an fein Lebensende reichlich
gesorgt, und wer sich besonders auszeichnet, wird belohnt, um ihn zu
weiterer Tätigkeit anzuspornen.
7. In dieser gewaltigen Fabrik gibt es an 150 Eisenhämmer, welche
die Stahlplatten bearbeiten und in die Form schlagen, welche sie haben
sollen. Einer der größten heißt der „Fritz". Als einst der Kaiser Wil¬
helm I. einmal die Kruppschen Werke besuchte, führte Alfred Krupp unsern
kaiserlichen Herrn vor diesen mächtigen „Fritz" und erklärte ihm, wie ver¬
nichtend der Hammer niedersausen könnte. „Aber," setzte er hinzu und
deutete auf einen ergrauten Arbeiter, der verlegen neben dem Hammer
stand, „mein Arbeiter Ackermann hat eine so sichere Hand und ein so
scharfes Auge, er kann mit einer Bewegung am Hebel den Hammer im
Niederfallen aufhalten. Man kann getrost seine Hand auf den Amboß
legen; wenn der Eisenhammer von Ackermann bedient wird, dann hält
er eine Linie über der Hand im Schlagen inne." Der Kaiser hatte auf¬
merksam zugehört und betrachtete dann den Arbeiter Ackermann, welcher
immer verlegner aussah.
„Mit einer Menschenhand wollen wir nun nicht den Versuch dieses
Kunststückes machen," meinte Kaiser Wilhelm, „aber meine Uhr will ich
dazu hergeben!" Er zog seine mit Edelsteinen besetzte Uhr aus der Tasche
und legte sie auf den mächtigen Amboß. Ackermann machte ein sehr be¬
stürztes Gesicht, ging aber dennoch an die Arbeit. Die Dampfmaschine,
Niedersächsisches Lesebuch sür Mittelschulen. Teil III6. 1912 14