350 —
Weise durch Arbeit das Brot zu verdienen. Die Gefangenen endlich,
welche ihre Strafe verbüßt haben, werden durch unsere Vereine
für entlassene Sträflinge mit Kleidung, Reisegeld, Handwerks¬
zeug und vor allem dadurch unterstützt, daß sie in frische Verhält¬
nisse gebracht werden, wo sie ein neues Leben anfangen können nach
der Regel: „Bete und arbeite!" Rettet die Verlorenen!
3. Bewahret die Gefährdeten! — so lautet die zweite Losung
der Inneren Mission. Hast du wohl schon einmal skrofulöse Kinder
beobachtet? Kennst du die Jammergestalten mit den bleichen Ge¬
sichtern, den aufgebrochenen Drüsen und verkrümmten Beinen? Nicht
wahr, denen tut einmal eine Verjüngungskur not, wo alle die üblen
Folgen von angeerbter Krankheit, von schlechter Nahrung, feuchter
Wohnung und verdorbener Luft hinweggenommen werden. Solch eine
Verjüngung wird den armen Kindern dargeboten in den Seebädern,
Soolbädern und Kinderheilanstalten, wie es deren in Norderney,
Salzdetfurth, Rothenfelde, Lüneburg und Hannover gibt.
Die Salzbäder nehmen die krankhaften Stoffe fort, kräftige Kost führt
gesunde Stoffe zu, und die frische Luft nebst Bewegung fördert
raschen Stoffwechsel. Über 100000 Kinder sind schon in solchen An¬
stalten verpflegt und oft auch geheilt worden. — Allein hier heißt
es: Vorsicht ist besser als Nachsicht, Bewahren ist besser als Retten.
Bewahret die Gefährdeten! Heraus mit den lieben Kleinen aus all
den dumpfen, unreinlichen Stuben, in denen sie ohne Aufsicht der
Eltern verwildern und verkümmern, heraus aus den finstern Gassen¬
winkeln und Höhlen, in deren Schmutz ihr Leib verkommt, ihr Herz
verödet und ihre Seele roh und schlecht wird. Hinein in den warmen
Sonnenschein der Liebe, hinein in die frische Luft einer Pflege, wo
Leib und Seele genesen können! Alle Sommer werden zu diesem Zweck
Hunderte von armen, schwächlichen Stadtkindern von barmherzigen
Menschenfreunden aufs Land gebracht und hier reichlich verpflegt
und tüchtig im Freien getummelt, sei es in christlichen Familien, sei
es in besonderen Ferienkolonien. Allein nicht nur in den Sommer-
ferien, auch während der übrigen Monate im Jahr sollen unsere Kinder
Stätten finden, wo sie in reiner, gesunder Umgebung an Leib and
Seele gedeihen können. Zu diesem Zwecke hat die Innere Mission
Kleinkinderschulen und Kindergärten eingerichtet. Da werden
den kleinern Kindern, die noch keine Schule besuchen, biblische Ge¬
schichten und Märchen erzählt, da singen sie Kinderlieder und legen
Stäbchen und stechen Bilder aus und wühlen im Sandhaufen und
spielen im Freien gar fröhliche Spiele. Kleinkinderbewahr-An-
stalten heißen diese Schulen, obwohl hier die Kinder nicht nur be¬
wahrt, sondern vor allem anregend beschäftigt werden. Aber sie