emsig, uns mit Holz und Erde zu umschanzen; hast du auch darum
gesorgt, einen über uns nach seinem Willen zu fragen? Denn er zieht
die Schildburgen und zerwirft sie ganz nach seinem Gefallen."
„Zürne nicht, Herr, daß ich den Hammer bis über das Abendgebet
schwinge, denn Warnung kam mir von den Leuten am Ufer; vieles Raunen
und wildes Gemurr verstört die Dörfer der Heiden, und klein ist die
Zahl der Schilde, welche dein Haupt schützt." Winfried aber hörte gar¬
nicht darauf, sondern fuhr fort, nach bem Himmel blickend: „Dichter
standen die Bäume im Land der Thüringe. Dort warst du der erste,
welcher mir auf der Reise die Nachtpfühle hieb. Damals fiel der Eschen-
same herab auf den Boden, und der Same heilbringender Lehre sank in
dein Herz. Sieh, ein neuer Baum ist im Schutze Gottes erwachsen;
nicht die unholden Schicksalsfrauen schweben darum, sondern hohe Engel,
die geflügelten Boten Gottes, vielleicht, daß sie auch dir jetzt oder bald
einmal eine gnadenvolle Auffahrt bereiten."
Er segnete ihn nnb schritt in sein Zelt zurück, das inmitten der
andern sich stattlich erhob. Ingram legte den Hammer weg; er rüstete
sich und setzte sich mit Schild und Speer an das Lagertor zur Nacht¬
wache. Über die weite Ebene spähte sein Blick; gleich dem Herrn Win¬
fried sah er nach der Nachtröte, welche von Norden her so hell schien,
wie er sie noch niemals geschaut. Er dachte an sein Weib nnb die
blühenden Kinder, die jetzt daheim in Frieden schliefen, und die er so
herzlich liebgehabt; er überlegte das ganze glückliche Leben, das er mit
seiner Hausfrau geführt, seine ruhmvollen Kriegsfahrten und das Lob
seiner Streitgesellen: er lachte und segnete in Gedanken alle Häupter der
Seinen und betete für jedes; leicht war ihm das Herz, und er sah immer
wieder nach dem Himmelsrand, wo die Röte langsam nach Osten zog, bis
die Helle aufstieg und die kleinen Wolken rosig leuchteten wie ein Tor der
aufgehenden Sonne. Da merkte er, wie das Tor geöffnet wurde, durch
das er selbst hinaufsteigen sollte zu der Burg des Himmelsherrn als
einer seiner Krieger, und er kniete nieder und sprach das Gebet, welches
ihn Walburg gelehrt. Wie er aufblickte, erkannte er fern im Dunst eine
dunkle Masse; sie schob sich heran, Speereisen blinkten und weiße Schilde.
Er schloß den Eingang, rief seinen Kriegsschrei und eilte zu dem Zelte
des Bischofs und zu den Hütten der Krieger. Aus dem Zelte tönte das
Glöckchen: Winfried trat hervor, das Wort des Herrn in der Hand, um¬
drängt von den Geistlichen. Draußen am Graben erhob sich mißtönendes
Geheul; die Heiden liefen gegen das Pfahlwerk und rissen an den Hölzern.
Ingram sprang, den Speer schwingend, auf sie und trieb seine Schild¬
genossen zum Kampfe. Aber mächtig erscholl die Stimme Winfrieds:
„Höret das Gebot des Herrn! Vergeltet nicht Böses mit Bösem, sondern
Böses mit Gutem! Tut ab Krieg und Kampf, denn der Tag ist
gekommen, den wir lange ersehnten; heute lohnt der große Gott des
Pnrqer-Wolff, LcscbuÄ für Knaben-Mittelschulen. V. 26