sommerreiches liegt nur an seiner Grenze, dort, wo die Sonne eben die
Farbenspiele gewährt, wie sie morgens und abends die auf- und unter¬
gehende Sonne hervorruft.
Jenseits des Polarkreises begegnet uns iu der sonst europäisch
gekleideten Bevölkerung ein neues Element: die Lappen. Ehe die stärkeren
Germanen die Herrschaft ans diesen Inseln und Küsten erlangten, waren
sie wohl über die ganze Halbinsel verbreitet; jetzt sind sie in die unwirt¬
lichen Gebiete des Nordens zurückgedrängt. Der größte Teil dieses
Volksstammes, dessen Verwandte die nwngolischen Völker Asiens bilden,
und dessen Zahl in Norwegen kaum die Zwanzigtausend überschreitet, ist
heute ansässig geworden; ihre kleinen schmutzigen Hütten bilden die Vor¬
stadtstraßen in den Ansiedelungen; ihren Lebensunterhalt gewinnen sie durch
Ackerbau oder Fischfang. Ein Zehntel aber etwa hält noch an der noma¬
disierenden Lebensweise fest und zieht mit seinen gewaltigen Renntierherden
über die weiten Fjelder Lapplands hin und her. In Körperbau, Tracht und
Wohnung haben die Lappen sich noch große Ursprünglichkeit bewahrt und
in allem kennzeichnen sie sich sofort als Angehörige einer andern Völker¬
welt. Ihr Wuchs ist klein, bei den Männern durchschnittlich keine
anderthalb Meter hoch; der breite Oberkörper, der durch die tiefe Lage
des Leibgürtels noch länger erscheint, als er ist, wird von kurzen,
krummen Beinen getragen; ans den bräunlichen breiten Gesichtern mit
ihren eckigen Backenknochen und der plattgedrückten Nase leuchtet bei
aller Häßlichkeit, die ihnen nach unsern Begriffen eigen ist, ein gesunder
Menschenverstand hervor. Außer dem Kittel mit dem breiten Ledergürtel
trägt der Mann eine eigenartige vierzipfelige Mütze oder eine runde
Kappe mit Troddel; die Frauen haben rings anschließende Kopfbedeckungen,
deren einfache Verzierungen oft einen hübschen Farbengeschmack aufweisen.
Beide Geschlechter tragen Hosen und weiche Lederschnhe ohne feste Sohlen,
deren Spitzen wie ein stumpfer Schiffsschnabel aufwärts gebogen sind. Ihr
Zelt besteht aus Fellen, die über kegelförmig zusammengestellte Stangen
gelegt werden. Oben bleibt eine Öffnung für den Ranch. Von der
Spitze des Zeltes hängt der große Herdkessel an einer Kette hernieder.
Unter ihm ist der Fenerplatz auf dem nackten Boden. Sonst wird dieser
mit frischen Zweigen gepolstert, und rings an den Wänden befinden sich
die Lagerstätten aus Fellen. Die Wiege des Jüngstgeborenen hängt
ähnlich wie der Kessel frei an der Wand.
Unter 70 Grad 40 Minuten, also nicht mehr ganz 20 Grad vom
Nordpol entfernt, treffen wir Hammerfest, die nördlichste Stadt der Erde.
Wie ein winziges Schwalbennest zwischen den Pfeilern eines Münster¬
baues liegt dies weltverlorene Städtchen hier inmitten der gewaltigen
Felsenwildnis, ein Vorposten der menschlichen Zivilisation am äußersten
Meere. Jedes Baumwuchses sind die Felsen entblößt; es herrscht eine
bedrückende Öde, die schon nach wenigen Tagen Aufenthalts das Herz des