IV. Kilder aus der Erdkunde.
1. Deutschland.
An und auf der See. Deutsche Kolonien.
Deutsche Auswanderung.
98. In Zturmesnot.
(Frerkfen, der ehemalige Kapitän, Knudt Klähn und Jochen Klähn, Jpke Tarnen
und Uwe Nomsen, sind Bewohner einer grötzern Hallig, deren Befestigung und Siche¬
rung sie in jahrelangem, fast übermenschlichem Kampfe gegen das tückische Meer durch
Dämme siegreich gewonnen haben. Der junge Jens Klähn ist vor Jahren nach der
Väter Weise auf das Meer hinaus und hat seit länger als einem Jahre keine Nachricht
von sich gegeben. Die Mutter, Goede Klähn, und Binne Bonken, seine heimlich Ver¬
lobte, harren sein in schmerzlicher Sehnsucht. Binne hat dem Bruder des Jens, Jochen,
der auch um ihre Liebe wirbt, ihr Geheimnis gestanden, und Jochen verzichtet tapfer
und hochherzig.)
1. Den Hornung hindurch lag die Reifkälte über den Inseln, die
legte den Rauchfrost faustdick an Giebel und Dächer. Und zu Anfang
des Märzenmonats rann der Regen, rann ganz leise, rann unaufhörlich und
spannte graue Fäden durch die Luft wie ein grämliches Novemberwetter.
Als sich eines Tages die Abenddämmerung schwer in die Nebel legte,
wachte der Sturm auf und keuchte bald wie einer, der lange hastig ge¬
laufen ist. Er tutete die lange Nacht in seine Muschel: Hu, hu! Und
wie das Licht des Morgens langsam herauskroch, stieg Knudt Klähn von
seinem Lager, zu sehen, ob das Vorland noch unter Wasser sei. Aber er
sah nicht lange die Werftböschung hinab und nicht mehr über die Fennen;
er hatte seine Augen weit hinausgerichtet.
2. „Eine Brigg in Not!" murmelte er und schlug an die Tür, hinter
der Jochen Klähn schlief. Dann warf er sich die Kleidung über und
fuhr in die Seestiefel.
„Heraus!" rief er weckend über die Werft, und der Schall seiner
Stimme flog in die Häuser. Da ward es drinnen lebendig. Der heiße
Tee dampfte in den Tassen. Die Männer aßen und tranken im Stehen,
und ihre Augen suchten in dem bleiernen, mürrischen Grau des Morgens