Full text: Siebentes und achtes Schuljahr (A)

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ob du morgen noch lebst; zweitens hat jeder Tag seine Arbeit und seine 
Plage, wie der Herr selber sagt. Denk immer: Ein Heute ist besser als drei 
Morgen, und schaff mit Gottesfurcht, was du nur immer heute noch 
fertigbringen kannst. Und prägst du dir das in die Seele und schreibst's 
mit Kreide an die Stubentür unter den Kalender, den du dir da an¬ 
schreibst, so weiß ich sicherlich, daß du mir's dankst. Und wenn du dann 
doch eben am Schreiben bist, so bitt' ich dich, schreib noch eins dazu, 
nämlich das goldne Sprichwort: „Bete und arbeite!" Denn siehst du, 
das Beten allein tut's nicht, aber das Arbeiten ohne Beten tut's gar 
nicht; denn dem fehlt der Segen Gottes. Drum beides zusammen und 
nie getrennt, das ist das Rechte und Echte. Die Alten wußten recht gut 
aus Erfahrung, warum sie das Morgengebet Morgensegen und das Abend¬ 
gebet Abendsegen nannten. Versuche es nur einmal recht ernstlich. Du 
lernst dann auch, warum es so heißt. 
W. O. v. Horn (Wilhelm Drtel). 
b) Frisch gewagt, ist halb gewonnen. 
Daraus folgt: „Frisch gewagt, ist auch halb verloren." Das kann 
nicht fehlen. Deswegen sagt man auch: „Wagen gewinnt, Wagen ver¬ 
liert." Was muß also den Ausschlag geben? Prüfung, ob man die 
Kräfte habe zu dem, was man wagen will; Überlegung, wie es anzu¬ 
fangen sei; Benützung der günstigen Zeit und der günstigen Umstände, und 
hintennach, wenn man sein mutiges A gesagt hat, ein besonnenes B und sein 
bescheidenes C. Aber so viel muß wahr bleiben: Wenn etwas Gewagtes soll 
unternommen werden und kann nicht anders sein, so ist ein frischer Mut 
zur Sache der Meister, und der muß dich durchreißen. Aber wenn du 
immer willst und fängst nie an, oder du hast schon angefangen, und 
es reut dich wieder, und willst, wie man sagt, auf dem trocknen Lande 
ertrinken, guter Freund, dann ist „schlecht gewagt, ganz verloren." 
Joh. Prtcr Hebel. 
10. was du tust, daz tue recht! 
„So, da ist meine Schuhbürste," rief Heinrich, indem er sie weit 
von sich warf. „Es geht auch so, meine Schuhe werden doch nicht glän¬ 
zend, und niemand kümmert sich drum." „Was wert ist, getan zu wer¬ 
den, muß auch recht getan werden," rief ihm sein Vater zu, welcher den 
Ausruf seines trägen Sohnes gehört hatte. Heinrich errötete, und sein 
Vater fuhr fort: „Sieh, Kind, deine Schuhe sind ganz schlecht gewichst, 
nimm sofort die Bürste und reibe sie glänzend. Wenn du es getan hast, 
komm zu mir, dann erzähle ich dir eine Geschichte." Kaum waren einige 
Minuten verstrichen, so waren die Schuhe spiegelblank geputzt, und Heinrich
	        
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