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Ende noch einmal zu sehen. Er traf sie in ihrem Kloster zu Pöhlde, wo
die Königin den kranken Sohn noch etliche Tage aufs liebevollste pflegte.
Schmerzlich war der Abschied, den Mutier und Sohn voneinander nahmen;
man fühlte, daß es galt, sich zu trennen auf Nimmerwiedersehen. In
Quedlinburg hielt sich Mathilde gerade auf, als ihr die Nachricht vom Tode
Heinrichs gebracht wurde. Sogleich versammelte sie die Nonnen des
Klosters um sich und bat sie, für das Seelenheil ihres Sohnes zu beten.
„O gnädiger Gott," so flehte sie selbst, „nimm dich an der Seele deines
Knechtes. Geringe Freude war ihm auf Erden gegeben, kurz war seine
Wallfahrt hinieden und wenig und böse die Zeit seines Lebens." Dann
aber ging sie zu dem Grabe des Gemahls, beugte die Knie und sprach:
„Mein Gemahl, glücklich bist du zu preisen, daß du solchen Tag des
Jammers und des Wehs nicht erschauest. Denn siehe, er ist von mir
genommen, der einzig geliebte Sohn, dessen Antlitz das deine widerspiegelte,
dessen Gestalt der deinen so ähnlich war. Wie oft hat er mich erinnert an
dich, meinen Herrn, und so oft ich in Traurigkeit der Stunde des Todes
gedachte, war er es. der mich tröstete, und sein Name, bei dessen Klang ich
mir den deinen zurückrief."
Nie wieder erholte sich Mathilde vollständig von dem Schlage, der
sie so betroffen hatte. Bisher hatte sie ein einfarbiges Scharlachkleid ge¬
tragen und dessen Glanz durch darüber angelegtes weißes Gewand bedeckt;
fortan aber hüllte sie sich in ein Trauerkleid, mied alle weltliche Lust und
erfreute sich nur noch geistlicher Lieder. Ihr Leben ging noch mehr als
früher in geistlichen Übungen und in Werken der Barmherzigkeit auf.
7. Doch sollten ihre letzten Tage auch nicht ganz ohne Freuden sein.
Welch berechtigter Stolz mußte die Brust der Mutier heben, als im Jahre
962 ihr die Nachricht wurde, daß ihr Sohn Otto zu Rom zum römischen
Kaiser gekrönt worden war! Als der Neugekrönte 965 aus Italien zurück¬
kehrte, erwartete ihn die Mutter zu Köln am Rhein, und hier feierte sie
ein fröhliches Pfingstfest im Kreise ihrer ganzen Familie.
Noch einmal mußte König Otto nach Italien ziehen, und kaum durfte
er hoffen, die hochbetagte Mutter wiederzusehen. Darum ging er zu ihr
nach Nordhausen, wo sie sich außer in Quedlinburg am liebsten aushielt.
Unter Tränen und lange die Mutter umarmend, nahm er Abschied, die
Mutter aber sah ihm mit umflorten Augen nach, solange sie ihn sehen konnte.
Dann begab sie sich in die Kirche und küßte die Stelle, wo kurz vorher der
König im Gebete neben ihr gekniet hatte.
6. Mathilde fühlte, daß ihr letztes Stündlein nicht mehr fern sein
konnte; eine schleichende Krankheit zehrte an ihrem Mark. Richburga, die
Äbtissin des Klosters Nordhausen, früher die treue Dienerin, jetzt die treue
Freundin der Königin, wollte die Kränkelnde in Nordhausen festhalten.
Sie aber sehnte sich nach Quedlinburg, nach der Ruhestätte ihres Ge¬