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II. Aus der Geschichte des deutschen Vaterlandes.
104. ein Cied vom Schwarzen Udler.
äebtig rauschen deine Schwingen;
hellen Ruges, schwarzer Rar,
schaust du auf die blanken Klingen
deiner deutschen Feldenscbar!
0 wie oft, seit du entflogen
deiner schwäb’schen Feimatsburg,
bist du siegreich ausgezogen,
zwei Jahrhunderte hindurch!
Unser Volk mit frohem Rbnen
folgte deinen Ferrscberbabnen:
wird uns neu versunknes Glück?
kehrt der Staufer Reich zurück? —
2. Blutend lag das Reich danieder,
roh geschändet, ausgeraubt;
fremde Brut in seine Glieder
eingefilzt und eingeklaubt.
Franzmann, Däne, Pol’ und Schwede
hielt in deutschen Landen haus.
Uber du in grimmer Fehde
warfst sie kühn zum Reich hinaus;
warst des Reiches Feld und Mehrer,
schlugst die Feinde, die Verheerer,
ruhelos vom Rhein zum Rhin,
junger Rar von Fehrbellin!
3. 0 wie stolz in weitem Kreise
flogst du ob dem Preufsenland,
als der königliche Weise
einer Welt in Waffen stand;
als des Völkerzornes Stimme
donnernd auf zum Fimmel schlug,
als sich hob in heil’gem Grimme
Deutschland wider welschen Trug;
Vater Blüchers Rüge flammte,
vorwärts stürmte die gesamte
Preufsenjugend waffenfroh, —
starker Rar von Waterloo!
4. Und du senktest still die Flügel,
müde von des Kampfes Trutz.
Friedlich lachten Thal und Fügel,
ruhten froh in deinem Schutz. —
Goldner Friede! — reiche Ruen,
helle Lust beim Rebenblut,
sanfter Liebreiz frommer Frauen,
freier Männer Fleiss und Mut!
Und von deutscher Lehrer Munde
flog des freien Denkens Kunde
welterobernd weit und breit, —
Feil dir, stille Friedenszeit!
5. Rber horch, der freche Franke
neidet unser Glück und schnaubt
und verhöhnt in rohem Zanke
unsers Königs greises Faupt. —
Ruf denn, auf, ihr deutschen Streiter,
Schiffsvolk, alle Mann auf Deck!
Ruf die Rosse, tapfre Reiter,
Jäger aus dem Waldversteck!
Ruf! zur letzten blut’gen Reise
nach dem höchsten Siegespreise:
holt uns wieder Strafsburgs Dom
und befreit den deutschen Strom!
6. König Wilhelm, fest im Horden
bautest du das neue Reich;
wahr’ es heut vor fremden Förden,
deinen grossen Vätern gleich!
Führ’ uns heut auf schön’re Bahnen,
der du Fabsburgs Scharen schlugst;
Deutschland folgt den stolzen Fahnen,
die du einst gen Böhmen trugst.
Gott der Ferr in einer Stunden
heilte unsers Faders Wunden.
Zeuch die Strasse nach Paris,
die dein Rhn den Vätern wies!
7. Rber dann durch Berg’ und Forsten
fliege heim, du Königsaar,
zu den schwäb’schen Felsenhorsten
wo einst deine Wiege war!
Denn erfüllet sind die Zeiten,
Wahrheit wird der Dichter Traum;
deinen Fittich sollst du breiten
über Deutschlands fernsten Raum!
Himm der Staufer heil'ge Krone,
schwing’ den Flamberg der Ottone,
unsers Reiches Zier und Wehr, —
Deutschland frei vom Fels zum Meer!
Heinrich v. Treitschke. 25. Juli J870.