Full text: [[Teil 2], Oberstufe, Teil 2] ([Teil 2], Oberstufe, Teil 2)

IV. Aus der weiten Welt. 
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155. Ein Besuch der Cheopspyramide. 
XTachdem wir bei Alexandria gelandet waren, fahren wir auf der erst kurz 
ÜJl vorher eröffneten Eisenbahn nach Kairo, wo wir einige Tage Aufenthalt 
nahmen. Als wir die Cheopspyramide besuchten, hatten wir das Glück, 
auf ihrer Spitze eine interessante physikalische Erscheinung zu beobachten. 
Schon während unseres Kittes von Kairo zur Pyramide erhob sich ein 
aufsergewöhnlich kalter Wüstenwind, der von einer eigentümlichen, rötlichen 
Färbung des Horizonts begleitet war. Während unsers Aufstiegs mit Hülfe 
der Araber, die stets bei den Pyramiden von Gizeh lagern und es sich nicht 
nehmen lassen, die Besucher auf die über ein Meter hohen Stufen hinauf¬ 
zuheben, nahm der Wind eine sturmartige Stärke an, so dass es einiger¬ 
massen schwer fiel, sich auf der abgeplatteten Spitze der Pyramide zu halten. 
Her Wüstenstaub war dabei so stark geworden, dass er als weiiser Nebel 
erschien und uns den Anblick des Erdbodens gänzlich entzog. Er stieg all¬ 
mählich immer höher empor und hüllte nach einiger Zeit auch die Spitze ein, auf 
der ich mich mit meinen zehn Jngenieuren befand. Dabei hörte man ein 
merkwürdiges, zischendes Geräusch, das keine Folge des Windes selbst sein 
ko mite. Einer der Araber machte mich darauf aufmerksam, dass beim Auf¬ 
heben seines ausgestreckten Fingers über seinen Kopf ein scharfer, singender 
Ton entstand, der aufhörte, sobald er die Hand senkte. Ich fand dies be¬ 
stätigt, als ich selbst einen Finger über meinen Kopf emporhob; zugleich 
verspürte ich im Finger eine prickelnde Empfindung. Dass es sich hierbei 
um eine elektrische Erscheinung handelte, ergab sich daraus, dass man 
einen gelinden elektrischen Schlag bekam, wenn man aus einer Weinflasche zu 
trinken versuchte. Durch Umhüllung mit feuchtem Papier verwandelte ich eine 
solche, noch gefüllte Flasche mit einem metallisch belegten Kopf in eine 
Leydener Flasche, die stark geladen wurde, sobald man sie hoch über den 
Kopf hielt. Man konnte aus ihr laut klatschende Funken von etwa 1 cm 
Schlagweite ziehen. Dies bestätigte die von den Reisenden schon früher 
beobachteten elektrischen Eigenschaften des Wüstenwindes in ganz un¬ 
zweifelhafter Weise. 
Bald fand ich Gelegenheit, den Beweis zu führen, dass die Elektricität 
auch als wirksame Verteidigungswaffe zu gebrauchen ist. Die Araber hatten 
die aus unsern Weinflaschen hervorbrechenden Blitze gleich mit offenbarem 
Misstrauen betrachtet. Sie hielten dann eine kurze Beratung, und auf ein 
gegebenes Zeichen wurde jeder meiner Begleiter von den drei Mann, die 
ihn hinausbefördert hatten, gepackt, um gewaltsam wieder hinabgetragen zu 
werden. Ich stand gerade auf dem höchsten Punkte der Pyramide, einem 
grossen Steinwürfel, der in der Mitte der Abplattung lag, als der Scheich 
sich mir näherte und mir durch unsern Dolmetscher sagen liess, es wäre 
beschlossen, dass wir sofort die Pyramide verlassen sollten. Als Grund gab 
er an, wir trieben offenbar Zauberei, und das könnte ihrer Erwerbsquelle,
	        
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