Full text: (Achtes und neuntes Schuljahr) (Teil 4 für Kl. 2 u. 1)

mit seiner kleinen, weichen Kinderhand in seinen Haaren spielte. Er 
hatte seine Lage überdacht; fest und ernst hatte er die düsteren Wolken 
ins Auge gefaßt; er mußte dafür sorgen, daß das Wetter ihn und 
sein Kind nicht unterkriegte. 
Er ging vom Garten auf den Hof. — Du lieber Gott, wie ward 
ihm zumute! Gleichgültig oder auf ihren kleinen Vorteil bedacht, drängten 
sich die Menschen um den Tisch, wo der Aktuar die Auktion abhielt. 
Stück um Stück ward seine langjährige Arbeit dem Meistbietenden zu¬ 
geschlagen, ward sein bescheidener Hausrat ausgeboten, und das, was 
er unter Not und Sorge ins Haus geschafft hatte, — Stück für Stück, — 
das ging nun unter Lachen und Witzen in alle Welt, — auch Stück 
für Stück. — Der Schrank, der stammte noch von seiner alten Mutter 
her, die Kommode hatte seine Frau mit eingebracht, und jenen kleinen 
Nähtisch hatte er ihr eines Tages geschenkt, als sie noch seine Braut 
war. — In einer Reihe stand das Vieh an einer langen Stange an¬ 
gebunden und brüllte nach der Weide. Die braune Färse mit dem 
weißen Stern, die seine Frau selbst ausgefüttert hatte, ihr Liebling, 
stand dazwischen; er trat an sie heran und strich ihr mit der Hand 
über den Rücken. — „Herr," sagte der Vogt Niemann, ,/t is jammer¬ 
schad'." — „Ja, Niemann, 't is schad'; äwer wat helpt dat all?" 
sagte er und wendete sich ab und ging auf die Leute zu, die sich 
um den Auktionstisch drängten. 
Als die Leute merkten, daß er an den Tisch heran wollte, machten 
sie ihm höflich und freundlich Platz, und er wendete sich mit der Frage 
an den Aktuar, ob er ihn wohl ein paar Worte sprechen könne. — 
„Gleich, Herr Hawermann," sagte der Mann, „gleich im Augenblick. 
Ich bin gleich mit dem Hausinventar fertig, denn 'ne Kommod'! 
Tw ei Daler vier Schilling! Söß Schilling! Twei Daler acht Schilling! 
Zum ersten! Zum andern! Twei Daler twöls Schilling! — Keiner 
wider? — Zum ersten! Zum andern! und zum dritten! — Wer hett 
T?" — „Snider Brand," war die Antwort. 
In diesem Augenblick kam eine Gesellschaft von Landleuten aus 
den Hof geritten, die es wohl auf das Vieh abgesehen hatten, das 
nun an die Reihe kommen sollte. Voran ritt ein dicker Mann mit 
rotem, fettem Gesicht, aus dem der Übermut so recht Platz hatte, sich 
breit zu machen. Solcher Art trifft man viele, aber was diesen von 
seinen gewöhnlichen Brüdern unterschied, das waren die kleinen, listigen 
Augen, die über die dicken Backen herüberblinzelten, als wollten sie 
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