Full text: [[Teil 2], Oberstufe, Teil 1] ([Teil 2], Oberstufe, Teil 1)

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VI. Aus dem Menschenleben. 
wer ihn nicht hält, bricht sein Wort, geht unredlich mit anderer Leute Zeit um 
und leidet auf diese Weise unfehlbar Schaden an seinem guten Rufe. Man 
kommt natürlich zu dem Schlüsse, daß, wer nachlässig mit der Zelt ist, es auch 
init deill Geschäfte sein wird, und daß man ihm also keine wichtigen An¬ 
gelegenheiten anvertrauen darf. Als der Sekretär Washingtons, des ersten Präsi¬ 
denten der nordamerikanischen Freistaaten, sich bei seinem Herrn wegell Zuspät- 
kommens mit der Ungenauigkeit seiner Uhr entschuldigte, sagte ihm dieser ganz 
ruhig: „Dann müssen Sie Sich entweder eine andere Uhr oder ich muß mir 
einen andern Sekretär anschaffen." 
Wer nachlässig mit der Zeit und ihrer Benutzung ist, wird gewöhnlich 
die Gemütsruhe anderer beständig stören. Wie viele giebt es nicht, die alle 
Morgen eine Stunde verlieren und sie den ganzen Tag suchen! Ein jeder, 
mit dem der Unpünktliche zu thun hat, wird von Zeit zu Zeit in einen fieber¬ 
haften Zustand versetzt; der Unpünktliche kommt ja beständig zu spät, ist regel- 
lnäßig nur in der Unregelmäßigkeit; er kommt zu spät in feinen Ver¬ 
abredungen; er erreicht den Bahnhof, nachdem der Zug fort ist; er trägt 
seinen Geldbrief auf die Post, wenn sie geschlossen ist. Auf diese Weise gerät 
jedes seiner Geschäfte in Verwirrung, und jeder von den Beteiligten wird 
verstimmt. Im allgemeinen haben Leute, die nie die rechte Zeit einhalten, auch 
nie rechten Erfolg. Die Welt läßt sie beiseite liegen, und sie helfen die Zahl 
der Unzufriedenen vermehren und derer, die aus ihr Schicksal schmähen. 
Nach Samuel Smiles. 
198. Den Wirt muss vorauf. 
Bu wunderst dich, dass meine Leute so ordentlich sind? O, mein liebes 
Kind, man kann, was man will! Ordnung im Haushalt ist keine Hexerei, 
und ich habe ein sicheres Mittel. Das sonderbarste aber ist, dass ich es 
von meiner Viehmagd gelernt habe. 
Diese wollte, als ich meinen Mann geheiratet hatte und wir unsere 
Pachtung antraten, nicht früh genug aufstehen, und wie ich sie darüber zur 
Kede stellte, gab sie mir zur Antwort: „Bi uns mutt de Weert vörupP 
Das Wort schallte mir in den Ohren, und auf einmal fühlte ich die ganze 
Wahrheit, dass alles in der Haushaltung durch ein gutes Beispiel gezwungen 
werden müsse, und dass es eine Thorheit sei, sich um 8 LThr aus dem Bette 
zum Kaffee wecken zu lassen und von dem Gesinde zu fordern, dass es um 
4 Uhr an der Arbeit sei. Wie es den andern Morgen vier schlug, sagte ich 
zu meinem Manne: „Der Wirt muss vorauf!“ und sowie er dies einigemal 
gethan hatte, war alles Gesinde so geschwind bei der Hand, dass ich seit 
der Zeit nicht nötig gehabt habe, ein einziges Mal mit der Viehmagd über 
ihren langen Schlaf zu schmälen. Anfangs fiel es uns etwas hart, so früh 
die warmen Federn zu verlassen. Nachdem wir es aber erst eine Zeitlang 
gethan hatten, war es uns nicht möglich, lange über die gewohnte Zeit darin 
zu verweilen; und wenn ein Feiertag uns eine Stunde später aufforderte
	        
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