I. Aus der Heimat.
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Kopenhagen beschlossen sei, Kiel zu beschießen, bevor es von deutschen Truppen
besetzt würde. Mir wurde doch etwas bange um die Stadt, denn das Fahr¬
wasser erwies sich breiter, als man ursprünglich angenommen hatte. Die
dänische Flotte konnte sich rilhig bei Friedrichsort vor Anker legen itnb die
Beschießung in aller Muße ausführen. Ich hielt es deshalb für äußerst wichtig,
daß die Festung Friedrichsort nicht in dänischem Besitz bliebe. Sie sollte nur
von einer kleinen Anzahl dänischer Invaliden besetzt sein, ihre Eroberung schien
daher nicht schwierig.
Ich trug meine Ansicht dem Kommandanten von Kiel, einem hannover¬
schen Major, vor. Er stimmte mir völlig bei, bedauerte aber, ohne Mannschaft
zu sein. Als ich an die Kieler Bürgerwehr erinnerte, erbot er sich, General¬
marsch schlagen zu lassen. Die Bürgerwehr kam auch schnell in ansehnlicher
Anzahl zusammen, und ich versuchte, den Nachweis zu führen, daß es zum
Schutze des Lebens und des Eigentums der Kieler Bürger unbedingt nötig sei,
Friedrichsort zu besetzen.
Meine Rede hatte gezündet. Nach einer kurzen Beratung erklärte sich
die Bürgerwehr bereit, noch in der kommenden Nacht die Festung zu besetzen,
wenn ich den Befehl übernehmen wollte, wozu ich mich natürlich gern verstand.
So wtwde denn eifrigst aus der Bürgerwehr eine Angriffstruppe von 150
Mann gebildet, der sich noch eine Reserve von 50 Mann anschloß. Gegen
Mitternacht waren wir auf dem Wege von Holtenau, von wo aus der Sturm
auf die Festung erfolgen sollte. Meine Truppe marschierte tapfer auf die Zug¬
brücke los, die glücklicherweise niedergelassen war, und mit lautem Hurra
nahmen wir von der Festung Besitz. Die aus sechs alten Feuerwerkern und
Sergeanten bestehende Besatzung wurde mir gleich darauf gefangen vorgeführt.
Es waren geborene Schleswig-Holsteiner, die offenbar froh waren, auf diese
Weise ihre Entlassung atls dem dänischen Heeresverbande zu erhalten.
Bei Tagesgrauen erhielt ich die Meldung, daß auf der Reede ein dänisches
Kriegsschiff läge. Doch schickte es nur ein Boot nach Laboe hinüber und ging
nach dessen Rückkehr wieder in See. Ich hatte in der Festung eine mächtige
schwarz-rot-goldene Fahne aufhissen und die Wälle besetzen lassen, so daß das
Schiff die Meldung nach Kopenhagen bringen konnte, Friedrichsort sei von
einer deutschen Truppe besetzt, wie auch bald iu dänischen Zeitungen zu
lesen war.
Es begann nun ein recht munteres Leben in der Festung. Ich fand zu
meiner Überraschung unter der Mannschaft Angehörige bekannter Adels-
familien und angesehene Bürger der Stadt Kiel. Sie unterwarfen sich aber
alle ganz unbedingt dem selbstgewählten Kommando des jungen preußischen
Artillerieoffiziers. Ich ließ die Wälle aufräumen, die Schießscharten ausbessern
und die vorgefundenen alten Kanonen auf die noch vorhandenen Bettungen
schaffen. Das Pulvermagazin wurde in Ordnung gebracht und durch Kieler
Handwerker ein Ofen zum Glühendmachen der Kugeln erbaut. Wesentlich
unterstützte mich bei diesen Arbeiten mein Offiziersbursche, Namens Hemp. Mit