Full text: (Achtes und neuntes Schuljahr) (Teil 4 für Kl. 2 u. 1)

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die gewebten Wandteppiche, Tisch- und Handtücher mit Ornamenten 
und Figuren mehr und mehr in Brauch, besonders die flandrisch- 
burgundischen Gobelins; unter ihnen wieder die von Arras gediehen zu 
hoher künstlerischer Vollendung. Schon früh waren durch die Vermittelung 
der Kirche die römischen teppichartigen Tücher bekannt geworden, die 
zum Abschluß der einzelnen Hausräume dienten. Durch die Kreuzzüge 
hatten sodann die abendländischen Krieger die morgenländischen Teppiche 
kennen gelernt; auch die spanischen Araber lieferten treffliche Webereien 
mit wundervollen Mustern. Man kaufte sie gern, denn das reicher sich 
ausstattende mittelalterliche Haus brauchte die großen Gewebe, um bei 
festlichen Gelegenheiten die kahlen Wände der Säle bunt und anmutig 
zu bekleiden. Unsere Gedichte des 12. und 13. Jahrhunderts erzählen 
an vielen Stellen von den Wandbehängen, die, wenn sie besonders 
kostbar sein sollten, von Gold und Seide durchzogen waren. Sie hingen 
an Ringen, die in Stangen liefen; so wurden sie verschiebbar und schlossen 
die Eingänge oder flössen in schweren Falten an der Wand von der 
Höhe des Saales herab. Die eingewebten Bilder boten meist Szenen 
der geselligen Unterhaltung, Darstellungen aus Romanen oder aus der 
volkstümlichen Sage. 
Die Kleidung der Menschen vermied allmählich die bunten Farben; 
die Kostbarkeit der Stoffe nahm dagegen zu; Gewänder aus Saml, 
Seide und schwerem Tuche fanden auch in den Kreisen der wohlhabenden 
Bürgerschaft Eingang; man verzierte sie nicht mehr mit bunten Borten, 
dafür aber um so lieber mit herrlichen Spitzen aus Seide und Leinen¬ 
garn. Die Herstellung dieser Erzeugnisse weiblicher Kunstfertigkeit ries 
einen neuen Wettstreit in allen Ländern des westlichen Europa hervor; 
deutscher Geschmack der Erfindung und deutscher Fleiß in der Aus¬ 
führung haben bis auf unsere Zeit in diesem Wettkampfe stets mit Ehren 
bestanden 
97. l)eul8Llie8 Klorterteben im 10. Jahrhundert. 
Viktor von Scheffel. 
Auf ihrer Burg Hohentwiel saß Frau Hadwig, die junge Witwe 
des Schwabenherzogs; es waren ihr die Erbgüter des Hauses und 
mannigfalt Befugnis, im Land zu schalten und zu walten, verblieben, 
sowie die Schutzvogtei über das Hochstift Konstanz und die Klöster 
um den Bodensee. Eines Tages beschloß sie, den Mönchen in dem
	        
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