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aber am stärksten gegen die Römergrenze nach Süden und
Westen. In Wahrheit ist diese Besiedelung für uns seit den
Cimbrerkriegen erkennbar, denn jedes der folgenden Jahrhun—
derte verschiebt einzelnen Völkergruppen die alten Sitze. Schon
im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung dehnen die süd—
lichen Suevenstämme, Hermunduren, Markomannen, Quaden,
den Schwerpunkt ihrer Macht langsam gegen die Donau, wäh—
rend am Rhein die Westdeutschen gegen römische Heere ringen.
Im zweiten Jahrhundert beginnt das obere Oderthal seine
Völker auszustrecken, der Vandalenbund tritt in den Kampf
der Donausueven gegen Mark Aurel. Im dritten Jahrhundert
ergreift die Vewegung nach und nach die Völker des uͤnteren
Oderlaufes, Semnonen (Juthungen) ziehen sich von der Spree
südwärts, banso Longobarden ünd Burgunder; die Heruler,
Rugier und Schyren folgen, sie breiten längs der ganzen
Donau aus, die meisten von ihnen stoßen seit dem großen
Seythenkriege in stürmischem Andrang mit den Römern zu⸗
sammen, zugleich mit ihnen das große Volk der Goten aus
seinen Sitzen am Dnjepr. Im vierten Jahrhundert wird das
Drängen längs dem Rheine ungestümer, der Alemannenbund,
der Frankenbund, der Sachsenbünd stürmen die römischen Ka—
stelle oder verwüsten auf ihren Schiffen die gallischen Nord—
küsten; an der Donaugrenze aber bewirkt der Einbruch der
Hunnen, eines mongolischen Volkes, heftige Erschütterung; wie
durch eingetriebenen Keil werden die Germanen über die Grenze
des Römerreiches gestoßen.
Das fünfte Jahrhundert, das gewaltigste der Wanderzeit,
treibt Westgoten, Alanen, Vandalen und Donausueven nach
Gallien und Spanien, die Vandalen von dort nach Afrika —
die Sachsen und Angeln besetzen Britannien, die Franken dringen
in Gallien vor, die Heruler, Rugier, Schyren, siedeln sich in
Italien an, nach ihnen die stärkeren Ostgoten. Überall werden
auf dem Boden des weströmischen Reiches Germanenstaaten
gegründet. Aber die meisten dieser Staaten haben geringe
Dauer. Schon im sechsten Jahrhundert wird Afrika und Ita⸗
lien wieder von Ostrom unterworfen, und die letzte große
Völkerwelle der Germanen, die der Longobarden zieht über
Italien; die Franken breiten ihre Herrschaft von Gallien über
das westliche Deutschland aus, in das östliche, jetzt dünnbe—
völkerte, ziehen geräuschlos die Slaven. Noch dauert die Unruhe
im Norden, woò Dänen und Normannen ausschwärmen, und
an der untern Donau, wo ein fremdes Volk nach dem andern
aus Asien einzieht und verheert, bis es selbst verwüstet wird.
Die Kolonistenkraft der Deutschen ist schwächer geworden, ein
Überschuß an Menschen nicht mehr vorhaänden. Fortan kämpft