Full text: [Teil 4 = Kl. 5 u. 4] (Teil 4 = Kl. 5 u. 4)

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148* Hus der ^ranzolenzelt. von e™a frommei. 
Aus der Chronik eines geistlichen Herrn. 5. Auflage. Stuttgart 1901. 8. 172. 
1. 
n einer Amtsstadt im badischen Mittelrheinkreis lebte 
im Anfang vorigen Jahrhunderts ein Registrator mit 
seiner Familie. Er war ein starker, großer Mann, 
von dem man denken konnte, er könne besser den Säbel 
als die Feder führen. Das lange, wallende Haar- 
stand ihm gut an; nur wenn er heftig wurde, da war 
es anzuschauen wie die Mähne eines gereizten Löwen. 
Er war aber sonst ein stiller, ernster Mann, dessen Blick, so freundlich 
er war, doch etwas Schwermütiges hatte; man sah es ihm an, den Mann 
drückte etwas, und doch durfte er nicht sagen was. Wo ihn zunächst 
der Schuh drückte, das konnte man merken, wenn man die Tür ausmachte, 
die aus seiner Amtsstube führte. Da waren seine Frau und seine fünf 
unerzogenen Kinder, wie die Orgelpfeifen aufeinander folgend, der älteste 
ein Knabe von zwölf Jahren. Ja, das machte ihm Sorge, wenn er auf 
sie und ihre Zukunft sah. Schon jetzt gab's schmale Bissen; denn die 
Besoldung war klein, und die beiden letzten Vierteljahre waren gar nicht 
ausbezahlt worden wegen der Kriegszeiten. Es war noch ein Glück für 
ihn, daß zum Teil seine Besoldung in Holz, Frucht und Wein bestand; 
denn sonst hätte er gar nicht gewußt, woher nehmen, um die vielen 
Mäuler zu stopfen. Aber wie sollte das noch werden, wenn der Krieg 
weiter fortging? Das hatte ihm schon manchmal den Kopf warm gemacht, 
und es war doch noch nicht das Schlimmste. Denn wenn er seine 
Schreiber entlassen hatte und seinen Schlafrock anzog, da war's ihm doch 
eine Wonne, bei dem jungen Volke zu sein. Da spielte er mit den 
Kindern oder nahm den Jüngsten auf seinen Schoß, ließ ihn reiten und 
sang dazu deutsche Kriegslieder, daß die Mutter oftmals besorgt hereinkam 
und zu ihm sagte: „Pst, Alter, nicht so laut! Die Speichellecker könnten's 
hören!" Da wurde er jedesmal ernst, und die milden Augen fingen an 
zu rollen, das lange Haar sträubte sich, und aus der Brust kam ein 
tiefer Seufzer. Ja, da war der Fleck, wo ihn der Schuh drückte. In 
dem Amtsstädtchen war mehr denn ein Franzosensreund, zum Teil auch 
bestochene Leute, die am liebsten ganz französisch geworden wären. Sie 
führten genaue Verzeichnisse über alle ihnen verdächtige Personen der 
Umgegend und suchten sich einen roten Rock oder wenigstens ein rotes 
Bändel ins Knopfloch zu verdienen durch ihre Angeberei. Und gerade 
sein nächster Vorgesetzter, der Amtmann, war solch ein Mensch. Ihm 
war der Registrator in der innersten Seele zuwider; denn der war eine 
ehrliche, deutsche Seele, und der Schmerz und Gram um sein Vaterland 
brachte ihn fast um. Oftmals hatte ihm der Amtmann gedroht, man
	        
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