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der dem Saul oft gewehret hat
mit gutem, süßem Harfenspiel,
daß er in großen Mord nicht siel.
Zum göttlichen Wort und Wahrheit
macht sie das Herz still und bereit;
solches hat Elisens bekannt,
da er den Geist durchs Harfen fand.
Die beste Zeit im Jahr ist mein,
da singen alle Vögelein;
Himmel und Erden ist der voll,
viel gut Gesang da lautet wohl.
Voran die liebe Nachtigall
macht alles fröhlich überall
mit ihrem lieblichen Gesang.
Des muß sie haben immer Dank;
vielmehr der liebe Herre Gott,
der sie also geschaffen hat,
zu sein die rechte Sängerin,
der Musica ein' Meisterin.
Den: singt und springt sie Tag und Nacht,
sein's Lobes sie nichts müde macht.
Den ehrt und lobt auch mein Gesang
und sagt ihm ein'n ewigen Dank.
35. Volksgesang.
(Karl Bormann.)
Einst war in deutschen Landen das Volk so reich an Sang,
daß dir aus Weg' und Stegen sein Herz entgegen klang.
Im Liede hat's gebetet, im Liede hat's geweint,
beim Mahle wie bei Gräbern zum Sange sich vereint.
Der Bauer hinterm Pfluge, der Hirt im Wiesenthal,
die Mägde bei dem Rocken, sie sangen allzumal;
und wo die Kinder spielten, da lenkt' ein Lied die Lust,
und wo die Bursche zogen, da klang's aus voller Brust!
Wer sie erfand, die Weisen, war keinem je bekannt,
sie wuchsen wie die Blumen und gingen von Hand zu Hand,
bis jüngst in dunklen Nächten ein wüster Räuber kam
und aus des Volkes Herzen den Schatz der Lieder nahm.